Rheumatische Erkrankungen stellen eine anhaltende Herausforderung für Betroffene dar, da sie nicht nur chronisch verlaufen, sondern auch tiefgreifende Auswirkungen auf den Alltag, die berufliche Leistungsfähigkeit und das allgemeine Wohlbefinden haben. Infolge dieser Belastungen kann die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt werden.
Rehabilitation spielt eine entscheidende Rolle in der Behandlung rheumatischer Erkrankungen. Durch einen ganzheitlichen Ansatz werden Patient:innen nicht nur körperlich, sondern auch psychisch und sozial unterstützt, um besser mit den täglichen Herausforderungen der Krankheit umgehen zu können.
Im Rahmen der Rehabilitation werden individuell angepasste Therapiepläne erstellt, die darauf abzielen, Schmerzen zu lindern, die Beweglichkeit zu verbessern und die Selbstständigkeit zu fördern. Dieser integrative Ansatz fördert auch die mentale Resilienz der Patient:innen, ermöglicht eine aktivere Teilnahme am sozialen und beruflichen Leben und trägt dazu bei, das Wohlbefinden trotz der chronischen Natur der Erkrankung zu verbessern.
Lesen Sie im folgenden Artikel viele wichtige Informationen zur Rheumatologischen Reha.
Entzündliches Rheuma ist eine Autoimmunerkrankung. Das bedeutet, dass das Immunsystem den eigenen Körper angreift. Es gibt über 300 verschiedene Rheumaformen, die man in entzündlich-rheumatische Erkrankungen und nicht-entzündlich-rheumatische Erkrankungen einteilen kann. Neben dem entzündlichen Rheuma gibt es auch nicht-entzündliche Rheumaformen. Dazu zählen insbesondere Fibromyalgie , Osteoporose und degenerative Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen.
Um die Vielzahl an Rheuma-Erkrankungen zu strukturieren, können diese unterteilt werden in entzündlich-rheumatische Erkrankungen und nicht-entzündlich-rheumatische Erkrankungen.
Die häufigsten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sind:
Die häufigsten nicht-entzündliche rheumatische Erkrankungen sind:
Rheumatische Erkrankungen können Schmerzen und schwere Funktionsstörungen hervorrufen. Viele Betroffene berichten über folgende Symptome:
Eine Erkrankung, die zu Schmerzen, Einschränkungen der Funktion von Gelenken oder inneren Organen führt, hat Auswirkungen auf den Alltag und den Beruf. Manche Patient:innen sind nicht mehr in der Lage, im bisherigen Umfang ihre Hobbys auszuüben, den Haushalt zu führen oder dem Beruf nachzugehen. Erkrankungen, die Einschränkungen im Alltag mit sich bringen, werden von den Betroffenen oft als sehr belastend empfunden.
Alle Patient:innen mit entzündlichen und nicht-entzündlichen Rheumaerkrankungen, die deutliche Funktionseinschränkungen haben, sollten eine Rehabilitation erhalten.
Das Ziel der Rehabilitation ist die Besserung dieser Beschwerden und der Auswirkung auf Alltag und Beruf. Die Reha-Maßnahmen sollen den Patient:innen ermöglichen, im Berufsleben zu bleiben und Haushalt, Garten und Hobbys weiterführen zu können.
Auch bei Patient:innen mit Fibromyalgie
ist eine Rehabilitation sehr sinnvoll, weil durch die Schmerzen und Funktionseinschränkungen in vielen Fällen die Erwerbsfähigkeit bedroht ist.
Nicht alle Beschwerden von Rheumapatient:innen haben ihre Ursache in einer akuten Entzündung. Ebenfalls zu Schmerzen führen können:
Auch die Chronifizierung von Schmerzen (z.B. im Rahmen eines sekundären Fibromyalgiesyndroms – also eines Fibromyalgiesyndroms in Folge einer entzündlichen Rheumaerkrankung) kann eine Ursache für Beschwerden darstellen.
Spezialisierte Ärzt:innen (Rheumatolog:innen) prüfen in der körperlichen Untersuchung, ob Beschwerden von Patient:innen durch eine Entzündung von Gelenken oder anderen Ursachen hervorgerufen werden. Das ist sehr wichtig, weil sich daraus unterschiedliche Therapien ableiteten.
Die Therapie ist multimodal aufgebaut - das bedeutet, dass viele Anwendungen durchgeführt werden, die sich in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken. Die verschiedenen Qualitäten, die beeinflusst werden sollen, sind Beweglichkeit von Gelenken, Koordinationstraining, Zusammenspiel der gesamten Bewegungskette, Kräftigung von Muskeln, Verbesserung der Herz-Kreislauf-Ausdauer, Stärkung der Psyche, Entspannung, Reduktion von Müdigkeit, Erschöpfung (Fatigue) und Sicherung der Erwerbsfähigkeit (MBOR ).
Alle Patient:innen erhalten eine umfassende ärztliche Beratung. Die Prognose der Erkrankung und Therapieoptionen werden thematisiert.
Bewegungstherapie ist ein zentrales Therapieelement der rheumatologischen Rehabilitation. Durch Bewegung wird die Entzündungslast reduziert und somit das Rheuma positiv beeinflusst. Außerdem wirkt sich Ausdauertraining positiv auf das Herz-Kreislauf-System aus. Beim Nordic Walking werden ganze Bewegungsketten trainiert und somit komplexe Funktionsstörungen positiv beeinflusst.
Die Physiotherapeut:innen identifizieren muskuläre Ungleichgewichte und zeigen den Patient:innen Übungen, die im Rahmen eines Eigentrainings durchgeführt werden.
Im Rahmen von Gruppen wird die Feinmotorik der Hände trainiert. Hilfsmittel wie therapeutische Knete und thermische Anwendungen im warmen oder kalten Kies oder Raps werden eingesetzt. Fehlstellungen der Gelenke sollen so ausgeglichen und die umgebende Muskulatur gekräftigt werden. Beratungen zum Gelenkschutz erfolgen.
Rheumatische Erkrankungen haben oft Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit im Beruf und können die Erwerbsfähigkeit bedrohen. Berufliche Probleme werden identifiziert und Lösungen erarbeitet. Empfehlungen für eine ergonomische Ausstattung des Arbeitsplatzes können den Verbleib im Arbeitsleben erleichtern. Wenn die Ausübung eines Berufes aufgrund der Erkrankung nicht mehr möglich ist, können Qualifizierungsmaßnahmen für eine leichtere berufliche Tätigkeit angeregt werden.
Der Sozialdienst ist integraler Bestandteil des MBOR-Teams. Die Patient:innen werden über rechtliche Rahmenbedingungen zur Rente und zum Grad der Behinderung informiert.
Patient:innen, die gute Kenntnisse über ihre Erkrankung haben, können besser mit der Krankheit umgehen und Einschränkungen besser bewältigen. Im Rahmen von Patientenschulungen wird der Austausch von Patient:innen untereinander gefördert. Patientenlehrbücher und Informationsblätter werden ebenfalls genutzt.
Die Patient:innen erhalten Vorträge zur Ernährung und kochen gemeinsam in der Lehrküche. Es werden Nahrungsmittel vorgestellt, die eine antientzündliche Wirkung haben und sich positiv auf Gelenke und Knochen auswirken.
Beruflicher Stress, Zukunftsängste und Sorgen bezüglich der Krankheit führen zu Verspannungen der Nacken- und Kiefermuskulatur. Die Patient:innen erlernen Entspannungsverfahren wie Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung, um den Stress zu reduzieren. Dadurch wird nicht nur eine Besserung der verhärteten Muskulatur erreicht, sondern auch die Entzündung positiv beeinflusst.
Eine chronische Erkrankung, die mit Schmerzen und Funktionseinschränkungen einhergeht, kann Ängste und depressive Verstimmungen hervorrufen. Es ist Aufgabe der Psycholog:innen, Hilfestellungen zur Krankheitsverarbeitung zu geben.
Rheumatische Erkrankungen gehen mit chronischen Schmerzen einher. Wenn Schmerzen durch eine Therapie nicht vollständig genommen werden können, so ist die Bewertung und Akzeptanz der Schmerzen von entscheidender Bedeutung. Im Rahmen einer psychologischen Schmerztherapie erlernen Patient:innen Techniken, mit chronischen Schmerzen besser umgehen zu können.
Der Schwerpunkt aller modernen Rehabilitationskonzepte liegt auf aktiven Anwendungen. Passive Anwendungen, wie z.B. Moorpackungen, Soletherapie, Wannenbäder, Kneipgüsse oder Kohlendioxidbäder, haben ihren Stellenwert als Ergänzung der aktiven Anwendungen. Jedes Training stellt einen Reiz für den Körper dar, auf den er reagiert. Muskelfibrillen werden hergestellt und somit Muskeln und Sehnen gekräftigt. Dieser Vorgang kann durch balneologische Anwendungen unterstützt werden. Die Pausen werden so sehr effektiv strukturiert.
Die Patient:innen werden motiviert, nach der Reha weiter Sport zu treiben und einer Selbsthilfegruppe beizutreten. Nur wenn Anwendungen nach der Rehabilitation weitergeführt werden, kann ein dauerhafter Rehabilitationserfolg sichergestellt werden.
Eine rheumatologische Rehabilitation ist ein wichtiger Bestandteil in der Behandlung von rheumatischen Erkrankungen. Die medikamentösen Maßnahmen haben zwar zu einer Verbesserung der Krankheitsprognose geführt, schaffen es aber nicht, die krankheitsbedingten Funktionsstörungen vollständig zu reduzieren. Durch den multimodalen Ansatz werden die krankheitsbedingten Einschränkungen besonders effektiv behandelt. Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie empfehlen die Durchführung von Reha-Maßnahmen.
Bei Aufnahme wird im Gespräch festgelegt, welche Anwendungen durchgeführt werden. Die Auswahl ist abhängig von der Erkrankung, weiteren Nebenerkrankungen, den konkreten Einschränkungen und den beruflichen und psychischen Problemen. Es ist immer das Ziel, die Patient:innen ganzheitlich zu sehen und die Therapien individuell abzustimmen.
Es sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die Rehabilitation in einer spezialisierten internistisch-rheumatologischen Rehaklinik stattfindet. Die Qualität der Kliniken wird regelmäßig durch die Deutsche Rentenversicherung geprüft. Auf den Internetseiten DAS REHAPORTAL und der DRV können Sie sich über die Qualität der Klinik erkundigen.
Üblicherweise ist von der Deutschen Rentenversicherung ein Abstand von 4 Jahren zwischen den Reha-Maßnahmen vorgesehen. Da es sich bei rheumatischen Erkrankungen um chronische Erkrankungen handelt, bei denen oftmals die Erwerbsfähigkeit gefährdet ist, ist es in vielen Fällen möglich, bereits nach 2 Jahren eine Rehabilitation zu erhalten. Voraussetzung dafür ist aber, dass im Antrag plausibel gemacht wird, dass die Erwerbsfähigkeit gefährdet ist.
Die Dauer einer Reha bei Rheuma beträgt 3 Wochen. Insbesondere bei beruflichen Problemen (MBOR ) ist aber in vielen Fällen auch eine Verlängerung um eine weitere Woche möglich.
Eine Rehabilitation ist bei Rheuma immer sinnvoll. In der ambulanten Vorstellung bei niedergelassenen Rheumatolog:innen können niemals alle Aspekte besprochen werden, die für den Umgang mit einer komplexen chronischen Erkrankung wichtig sind. Ernährung, das Erlernen von gezielten Bewegungstherapien, Klärung beruflicher Fragestellungen, Erlernen von Entspannungsübungen und psychologische Unterstützung sind nur im Kontext einer Rehabilitation möglich.
Alle Patient:innen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, Fibromyalgie und Osteoporose sollten eine Rehabilitation erhalten. Die übliche Zeitspanne zwischen zwei Rehabilitationen beträgt üblicherweise 4 Jahre. Bei krankheitsbedingten beruflichen Problemen ist eine Folge-Reha in vielen Fällen bereits nach 2 Jahren möglich.
Chefarzt der Abteilung für Rheumatologie und Osteologie