Bei einer Gangstörung ist der automatisierte, reibungslose und harmonische Ablauf von Gehbewegungen beeinträchtigt. Dabei kann entweder das Gangmuster oder die Ganggeschwindigkeit oder beides gleichzeitig betroffen sein. Die Ausprägungen reichen von leicht bis stark eingeschränkter Bewegungsfähigkeit; aber auch völlige Immobilität ist möglich. Die Gangstörung ist keine Krankheit für sich, sondern das Symptom einer Erkrankung oder einer krankhaften Veränderung im Körper.
Eine Beeinträchtigung von Gehbewegungen kann sich auf vielerlei Arten äußern. Typisch sind beispielsweise:
Durch die Einschränkungen können sich zusätzlich Schonhaltungen entwickeln, wie das Hochziehen und Anspannen der Schultern, das Verdrehen oder Beugen des Oberkörpers. Dies führt im weiteren Verlauf zu Fehlstellungen am Skelett.
Mediziner teilen die Ursachen in vier Bereiche auf:
Krankhafte Veränderungen von Knochen, Sehnen, Bändern oder Gelenken durch Entzündungen, Verletzungen oder Erkrankungen können eine Gangstörung auslösen.
Häufig zugrunde liegende Krankheiten sind:
Hier liegen Erkrankungen, Veränderungen oder Verletzungen im Nervensystem vor, welche für die Störung verantwortlich sind.
Zu den häufigsten neurologischen Ursachen gehören:
Nicht körperliche Störungen, sondern psychische Beeinträchtigungen sind die Auslöser. Als typische Beispiele gelten:
In der Regel liegen mehrere Ursachen gemeinsam vor. Nur äußerst selten lässt sich ein einziger Grund für die Gangstörung verantwortlich machen. Meist vermischen sich die Auslöser und man spricht von multifaktorieller Ursache.
Zwei Beispiele für ein multifaktorielles Krankheitsgeschehen bei Gangstörungen:
Die Gangstörung stellt der Arzt zunächst durch die Beobachtung des Gangbildes fest.
In einem Gespräch klärt er Fragen wie:
Das umfassende geriatrische Assessment ist in der Lage, die geriatrischen Problembereiche zu analysieren und in ihrer Ausprägung zu quantifizieren. Es besteht aus verschiedenen Testverfahren in den Bereichen
Durch eine körperliche Untersuchung, eine Blutuntersuchung, Seh- und Hörtests erhält der Arzt weitere Erkenntnisse.
Folgende apparative Untersuchungen können die Diagnosefindung unterstützen:
Je nachdem ob der Arzt vorwiegend geriatrische, neurologische oder orthopädische Ursachen vermutet, wird er den Patienten zum jeweiligen Facharzt überweisen. Sollte er von psychogenen oder kognitiven Gründen ausgehen, wird er die Beratung durch einen Psychologen oder Psychotherapeuten empfehlen.
In manchen Fachkliniken, spezialisierten Praxen und Rehakliniken können mit einer computergestützten Ganganalyse die veränderten Gangmuster, und wie weit sie von der Norm abweichen, exakt erfasst werden.
In erster Linie wird die Therapie auf die zugrunde liegende Krankheit ausgerichtet, da ein von der Norm abweichendes Gangmuster nur ein Symptom ist. Daher kann die Behandlung erst stattfinden, wenn die Ursachen geklärt sind. Sind die Auslöser reversibel, wie zum Beispiel bei der Avitaminose, besteht die Therapie in der Gabe von Vitaminen. Bei orthopädischen oder neurologischen Ursachen können je nach vorliegender Krankheit ein operativer Eingriff, Medikamente, sowie Physio- oder Ergotherapie helfen, ein Fortschreiten der Störung aufzuhalten. Auch eine Verbesserung der Ernährung kann die Situation positiv beeinflussen.
Medikamente
Die Dosierung von Medikamenten wird bestmöglich eingestellt und ihre Wirkung durch Tests überprüft. Ziel ist immer: so wenig wie möglich, so viel wie nötig.
Begleitende Therapien
Ergotherapie und Physiotherapie unterstützen den Patienten, seinen Alltag zu meistern und trotz bestehender Einschränkungen sich so viel wie möglich an Selbstständigkeit zu erhalten. Der Gang wird mit verschiedenen Trainingsmaßnahmen geschult.
Sporttherapie stärkt zusätzlich die Muskulatur, um bestehende Schwächen auszugleichen und das Gangbild zu verbessern.
Psychotherapie
Psychologen unterstützen den Patienten bei psychischer Belastung durch Erkrankungen und durch einschneidende Lebensereignisse.
Information und Beratung
Der Patient wird über die Hintergründe seiner Erkrankung und deren Symptome informiert. Er lernt, mit der Krankheit umzugehen, und erfährt, wie er selbst seine Gesundheit stärken kann. Auch Angehörige können dieses Beratungsangebot in Anspruch nehmen.
Die Reha orientiert sich ebenfalls an der auslösenden Erkrankung. Die Einrichtungen bieten umfassende Maßnahmen aus den Fachbereichen Geriatrie, Orthopädie, Neurologie, Psychologie, Physio- und Ergotherapie, Massagen, Physikalische Therapie und Bewegungs- und Sporttherapie.
Die Prognose ist von der Ursache der Gangstörung abhängig. Ist die Ursache gut behandelbar, wie beim Vitaminmangel, normalisiert sich auch das Gangbild recht schnell. Bei Erkrankungen, die nicht heilbar sind, wie Morbus Parkinson oder Multiple Sklerose, kann sich die medikamentöse Linderung der Symptome auch positiv auf das Gangbild ausüben. Da diese Krankheiten aber chronisch fortschreitend sind, hat die dadurch verursachte Gangstörung eher eine schlechtere Prognose, der Verlauf kann aber durch kontinuierliche Therapie aufgehalten oder verlangsamt werden.
Chefarzt der Geriatrischen Rehabilitation