Osteochondrose der Wirbelsäule

Zuletzt aktualisiert: 04.09.2024 | Lesedauer: ca. 9 Min.

Verschleißerkrankung von Knochen und Knorpel

Das menschliche Skelett weist ungefähr 206 einzelne Knochen auf. Jeder einzelne davon übernimmt spezielle Aufgaben. Dabei ist jeder Knochen mit hochkomplexen Eigenschaften ausgestattet. So ist die Funktion und Belastbarkeit sowie die Flexibilität des gesamten Skeletts gewährleistet. Eine krankhafte Veränderung der Knochen und des Knorpels kann dazu führen, dass Gesundheit und Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigt werden. Eine solche Erkrankung ist die Osteochondrose.

Was es mit der Krankheit auf sich hat, welche Ursachen und Symptome sie aufweist und wie sie behandelt wird, erfahren Sie jetzt.

Osteochondrose – Was genau ist das?

Bei einer Osteochondrose handelt es sich um eine Veränderung von Knochen und Knorpeln. Die Veränderungen entstehen durch Verschleiß und sind degenerativ. Betroffene Knochen und/oder Knorpel werden mit fortschreitender Erkrankung abgebaut. Doch auch Störungen in der Knochenbildung begünstigen eine Osteochondrose.

Ursprünglich geht die Erkrankung von altersbedingtem Verschleiß aus, erste Anzeichen zeigen sich etwa ab dem 45. Lebensjahr. Osteochondrose tritt auch in Abhängigkeit von der Lebensweise in mehr oder weniger stark ausgeprägter Form auf.

Am häufigsten ist die Wirbelsäule von einer Osteochondrose betroffen (Osteochondrosis intervertebralis). Während des Krankheitsverlaufs kommt es zu einer starken Abnutzung der Bandscheiben. Daraus resultieren knöcherne Veränderungen an der Wirbelsäule. Betroffen sind sowohl Hals-, Brust- als auch Lendenwirbel.

Wie entsteht eine Osteochondrose?

Die Ursachen für die Entstehung einer Osteochondrose sind sehr vielfältig. Charakteristisch sind in der Regel Fehl- oder Falschbelastungen des Skeletts. Selten führen auch bestimmte Grunderkrankungen zu einer Osteochondrose.

Das gesamte menschliche Bewegungssystem ist auf eine intensive Fein- sowie Grobmotorik ausgelegt. Die von der Natur vorgesehenen Bewegungsabläufe führen die wenigsten Menschen noch regelmäßig aus. Die Wirbelsäule wird zudem durch die ständig sitzende und stehende Haltung ebenfalls beeinträchtigt. Hinzu kommt wenig Bewegung, wodurch die Muskeln nicht mehr aktiv werden und schwach bleiben. Die Aufgabe der Knochen und Knorpel ist deshalb die Abfederung der alltäglichen Belastungen. Üblicherweise sind starke Muskeln jedoch eine Stütze der Wirbelsäule. Diese Stützfunktion entfällt aber aufgrund fehlender Muskelkraft.

Ein besonders hoher Druck auf die Bandscheiben entsteht durch Übergewicht . Es kommt zu einer permanenten Quetschung und dadurch verminderter Versorgung mit Nährstoffen. Durch das zusätzliche Abdrücken von Nervenendigungen werden außerdem Knochen- und Knorpelzellen geschädigt und können sogar absterben.

In der Folge entstehen muskuläre Verspannungen und eine Fehlbelastung von Knorpeln und Knochen. Folglich kommt es zu einer Störung der Stoffwechselabläufe im Knorpel- und Knochengewebe. Mitunter sind dann ganze Abschnitte der Wirbelsäule von einem unzureichenden Stoffaustausch betroffen. Dies wiederum führt zu Abbauvorgängen, welche durch zu wenig Bewegung verstärkt werden.

Die Skoliose  – eine Verkrümung der Wirbelsäule – kommt ebenfalls als Ursache in Frage. Die Bandscheiben unterliegen dabei einem einseitigen Verschleiß.

Begünstigend wirken sich wahrscheinlich auch entzündliche Prozesse an der Bandscheibe, rheumatische Erkrankungen  und ein vorausgegangener Bandscheibenvorfall  auf die Entstehung einer Osteochondrose aus. Hier ist die Schonhaltung durch die zugrundeliegende Erkrankung ausschlaggebend. Zusätzlich steigt mit dem Alter das Risiko für eine Osteochondrose. Das liegt daran, dass sich das Gewebe nicht mehr so schnell regeneriert.

Arzt hält Skelett mit Hüfte & Wirbelsäule, zeigt auf betroffene Wirbel bei Osteochondrose.

Symptome einer Osteochondrose

Leiden Sie unter Osteochondrose, dann nehmen Sie vermutlich sehr unterschiedliche und teils unspezifische Symptome wahr.

Ein erster Hinweis sind Schmerzen in verschiedenen Rückenbereichen und in anderen Gelenken. Rückenschmerzen  lassen sich häufig im Bereich von Hals- und Lendenwirbelsäule lokalisieren. Es kommt oft zu einer Einengung der Nerven und damit einhergehenden Schmerzen mit unterschiedlicher Stärke.

Schmerzen können bei einer Osteochondrose akut (unerwartet, plötzlich) oder chronisch (wiederkehrend, anhaltend) auftreten. Einseitige Fehlhaltungen verursachen üblicherweise akute Schmerzen. Mit einer Schonhaltung geht die Schmerzintensität zurück. Aus unbehandelten Akutschmerzen werden oft chronische Beschwerden.

Eine Osteochondrose ist meist durch Bewegungseinschränkungen gekennzeichnet. Diese werden Sie vorrangig im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule feststellen. Anzeichen einer Osteochondrose sind aber auch Kopf- und Nackenschmerzen sowie eine eingeschränkte Kopfbeweglichkeit. Nicht selten entsteht auch ein akuter Schiefhals in Kombination mit Verspannungen.

Weitere Symptome einer Osteochondrose sind:

  • Knochen- und Muskelschmerzen
  • kurzzeitige Lähmungserscheinungen
  • Taubheitsgefühl in den Gliedmaßen
  • Kribbelgefühl in den Händen und Handgelenksschmerzen
  • Schwindelgefühl
  • Empfindlichkeitsstörungen
  • schlimmstenfalls neurologische Ausfälle einzelner Organe

Im Anfangsstadium zeigt eine Osteochondrose nur leichte Symptome. Werden zu diesem Zeitpunkt keine Gegenmaßnahmen ergriffen, nehmen die Schmerzen im Krankheitsverlauf zu.

Diagnose einer Osteochondrose

Für die Diagnose einer Osteochondrose ist zunächst eine ausführliche Anamnese notwendig. Mit ihr stellt der Arzt eine erste Verdachtsdiagnose, die er mit weiteren Untersuchungen festigen kann.

Hierzu kommen vor allem bildgebende Verfahren in Frage. Dazu gehören:

  • Röntgen
  • CT (Computertomografie)
  • MRT (Magnetresonanztomografie)
  • Myelografie (ähnlich einer Röntgenuntersuchung, Verwendung von Kontrastmittel)

CT und MRT sichern zunächst die Röntgendiagnostik, lassen aber auch eine Differentialdiagnose zu. Die Myelografie führt der Arzt üblicherweise bei Verdacht auf eine Einengung des Rückenmarkskanals durch.

Sofern bildgebende Maßnahmen keine aussagekräftigen Ergebnisse liefern, kommen auch neurologische Diagnosetechniken (z. B. Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit, Elektromyografie) zur Anwendung.

Behandlung einer Osteochondrose

Bei einer Osteochondrose wird der Arzt die Behandlung nach verschiedenen Kriterien ausrichten. Hierzu gehören:

  • Verlaufsform der Erkrankung
  • Symptome
  • Schweregrad der Erkrankung

Die Behebung der Schmerzzustände ist von zentraler Bedeutung der Therapie. Die Schulmedizin verordnet sowohl zur akuten als auch zur chronischen Schmerzbehandlung Analgetika (Schmerzmedikamente), Antiphlogistika (entzündungshemmende Medikamente) und Muskelrelaxanzien (zur Muskelentspannung).

Gut verträglich sind Wirkstoffe, die lokal mittels Spritze verabreicht werden. Meist gehen die Schmerzen in Ruhe zurück. Auch die Verödung der Nerven in einem minimal-invasiven Eingriff kann zur Schmerzlinderung beitragen.

Sobald Sie schmerzfrei sind, folgt eine Physiotherapie zur aktiven Unterstützung der Wirbelsäule. Sie umfasst unter anderem die folgenden Maßnahmen:

  • Wärmebehandlungen
  • Krankengymnastik, Rückenschule, Haltungstraining
  • Elektrotherapie
  • Massagen
  • Aufbau der Rücken- und Bauchmuskulatur
  • Fango-Packungen (Muskelentspannung durch feucht-warme Moorpackungen)

Nach den physiotherapeutischen Maßnahmen kommt es in der Regel zu einer Verbesserung mechanischer Bedingungen an den einzelnen Wirbeln. Dadurch werden die Bandscheiben entlastet.

Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung wird häufig eine Orthese (Stützkorsett) als therapiebegleitende Maßnahme zur Ruhigstellung eingesetzt.

Leiden Sie aufgrund der Osteochondrose unter anhaltenden unerträglichen Schmerzen, wird ein operativer Eingriff notwendig. Dabei werden die Wirbelkörper stabilisiert. Dieser Effekt lässt sich durch Einlegen einer Bandscheibenprothese ebenfalls erzielen. Chirurgische Verfahren sorgen meist für eine schnelle Behebung der Schmerzen.

Vor allem im fortgeschrittenen Stadium sind operative Maßnahmen die einzige Möglichkeit zur Schmerzlinderung. Der Arzt führt mitunter auch eine Versteifung der Wirbelsäule durch oder setzt ein Implantat ein. Diese Eingriffe erfolgen üblicherweise bei Verwachsungen der Wirbelkörpersegmente oder bei Einengung der Nerven.

Reha nach der Behandlung – Wichtig und sinnvoll

Nach den schmerzlindernden Behandlungen wird Ihnen Ihr Arzt zu einer Reha raten. Ziel der Reha ist zunächst die Regeneration der geschädigten Knorpel- und Knochenbereiche. Im weiteren Reha-Verlauf kommt auch die Stärkung aller Muskeln im betroffenen Bereich durch spezielles Training hinzu.

Schon während der physiotherapeutischen Behandlung und ergänzend in der Reha lernen Sie eine verbesserte Rückenhaltung. Gemeinsam mit Ihnen wird eine Analyse zu möglichen Fehlhaltungen und –belastungen erstellt. Sie lernen dabei, diese sowohl zu erkennen als auch zu vermeiden.

Eine Reha ist deshalb sinnvoll und wichtig. Ausreichend Regeneration und moderate sowie korrekte Erhöhung der Belastung sind daher von großer Bedeutung. In einer Reha-Klinik sind die Voraussetzung für eine vollständige Genesung gegeben und Sie können vom Erfahrungsschatz der Therapeuten bei degenerativen Erkrankungen profitieren

Fazit

Einer Osteochondrose lässt sich auch vorbeugen. Achten Sie dazu immer auf eine gesunde Körperhaltung und vermeiden Sie ständige einseitige Belastungen. Lernen Sie weiterhin das richtige Heben und Tragen von Lasten und stärken Sie ihre Rückenmuskulatur mit entsprechenden Bewegungen oder auch Sport. Vermeiden Sie außerdem Übergewicht, um Ihre Wirbelsäule zu entlasten. Mit Vitamin D können Sie Ihren Knochenaufbau unterstützen, achten Sie deshalb immer auf eine ausreichende Zufuhr über die Ernährung.

Sofern Sie bereits unter Rückenschmerzen leiden, beginnen Sie so früh wie möglich mit einer Physiotherapie. Erlernen Sie eine richtige Körper- und Sitzhaltung und stärken Sie konsequent und regelmäßig Ihre Rücken- und Rumpfmuskeln.

Setzen Sie die präventiven Maßnahmen um, können Sie eine Osteochondrose vermeiden oder bereits bestehende Rückenprobleme verbessern.

Portrait von Thomas Pöttgen.
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie

Chefarzt Orthopädie