Die Therapie eines Beckenbruchs kann je nach Ausmaß der Verletzung viel Zeit in Anspruch nehmen. Wie ein Beckenbruch entsteht, wie er behandelt wird und warum die anschließende Reha so wichtig ist, erfahren Sie hier.
Das Becken übernimmt in unserem Körper zwei wesentliche Funktionen: Es stützt die Eingeweide und verbindet die Wirbelsäule mit den Beinen. Konkret handelt es sich um einen Beckenring, der aus mehreren Knochen besteht. Ein Bruch kann an verschiedenen Stellen dieses Rings auftreten oder die Hüftpfanne betreffen.
Mediziner unterscheiden drei Formen des Beckenbruchs:
Handelt es sich um einen Beckenbruch vom Typ B oder C, geht dieser häufig mit einem hohen Blutverlust einher, der lebensbedrohliche Ausmaße annehmen kann – vor allem dann, wenn Venen gerissen sind. Auch Verletzungen wichtiger Organe, beispielsweise der Blase, sind möglich. Darüber hinaus bestehen bei schweren Beckenbrüchen folgende Risiken:
Ein Beckenbruch entsteht in den meisten Fällen infolge eines Verkehrsunfalls oder eines Sturzes aus großer Höhe. In jedem Fall wirken große Kräfte auf den Beckenbereich ein. In 60 Prozent aller Fälle erleiden die Betroffenen daher nicht nur einen Beckenbruch, sondern auch weitere Verletzungen. Der Arzt spricht in diesem Zusammenhang auch von einem Polytrauma.
Die Größe der einwirkenden Kraft und die Richtung, aus der sie kommt, wirkt sich dabei in hohem Maße auf die Art der Fraktur aus. Wirkt die Kraft direkt von vorn auf das Becken ein, werden meist die Beckenschaufeln auseinander gedrückt. Bei einer seitlich einwirkenden Kraft kommt es stattdessen zu einer Krümmung des Beckenrings. Zwar kann das Becken auch bei einfachen Stürzen brechen (etwa beim Ausrutschen auf Glatteis), jedoch handelt es sich hier meist um einen Schambeinbruch. Diese Beckenverletzung ist im Vergleich zum Beckenbruch harmlos und nimmt eine kürzere Heilungsdauer in Anspruch.
Ältere Menschen ab 70 sind besonders gefährdet, einen Beckenbruch zu erleiden – insbesondere dann, wenn sie an Osteoporose leiden. Bei Osteoporose nimmt die Knochendichte immer weiter ab, sodass die Knochen bereits bei geringen Krafteinwirkungen brechen können. Auch Personen, die eine Sportart mit hohem Unfall- und Verletzungsrisiko betreiben, sind überdurchschnittlich häufig von Beckenverletzungen betroffen.
Bei einem stabilen Beckenbruch sind in der Regel keine Spätfolgen zu befürchten. Auch ein instabiler Beckenbruch heilt bei entsprechender Therapie vollständig aus – es dauert jedoch länger und das Risiko für Folgeschäden wie etwa Arthrose ist weitaus größer.
Ein Beckenbruch geht mit starken Schmerzen und Schwellungen einher. Handelt es sich um eine stabile Beckenfraktur, sind die Beschwerden jedoch weniger stark ausgeprägt. Die abhängigen Körperpartien (also etwa die Hoden, die Schamlippen oder der Damm) weisen eventuell Blutergüsse auf. Bei einem instabilen Beckenbruch lassen sich zudem die Beckenknochen gegeneinander verschieben, und in manchen Fällen sind sogar die Beine unterschiedlich lang. Im Extremfall klappt das Becken wie ein Buch auf (Open-Book-Phänomen). Gehen ist den Betroffenen dann nicht mehr möglich.
Bei einem schweren Beckenbruch werden die Betroffenen meist in die Notaufnahme des Krankenhauses aufgenommen. Liegt ein leichter Beckenbruch mit gering ausgeprägtem Beschwerdebild vor, ist der Orthopäde zuständig. Der Arzt wird den Patienten nach dem genauen Unfallhergang sowie nach der bisherigen Krankengeschichte befragen. Auch die genaue Lokalisation und Ausprägung der Schmerzen (bohrend, stechend etc.) ist für die Diagnose ausgesprochen wichtig.
Es folgt eine körperliche Untersuchung, bei der der Arzt das Becken auf Unregelmäßigkeiten abtastet und leichten Druck auf die Beckenschaufel ausübt. So kann er feststellen, ob das Becken instabil ist. Gegebenenfalls tastet er auch die Schambeinfuge ab und nimmt eine rektale Untersuchung vor, um Blutungen auszuschließen. Auch eine Prüfung der Sensibilität und Durchblutung in den Beinen ist ausgesprochen wichtig.
Nach der körperlichen Untersuchung wird ein Röntgenbild angefertigt, um den Bruch genau beurteilen und lokalisieren zu können. Bei Verdacht auf eine hintere Beckenfraktur, eine Hüftpfannenfraktur oder einen Kreuzbeinbruch ordnet der Arzt ein CT (Computertomografie) an, während die Sonografie (Ultraschall) zur Untersuchung der inneren Organe dient.
In einigen Fällen sind weitere Untersuchungen erforderlich, beispielsweise der harnableitenden Wege (Ausscheidungsurographie) oder der Gefäße (Gefäßröntgen).
Die Therapie eines Beckenbruchs ist ebenfalls von der Schwere der Verletzung sowie vom Zustand des Patienten abhängig. Bei einem leichten, stabilen Bruch des Typs A ist eine konservative Therapie in der Regel ausreichend. Diese besteht aus Bettruhe, der Gabe von Schmerzmitteln und – nach einer Schonzeit von einigen Tagen – aus Physiotherapie und Mobilitätsübungen.
Bei einem Beckenbruch von Typ B oder C ist fast immer eine Operation erforderlich – bei einer komplexen Fraktur mit großen Blutverlust eventuell sogar ein Aufenthalt auf der Intensivstation.
Nach einem Beckenbruch ist eine orthopädische Reha empfehlenswert, denn sie hilft, Fehlhaltungen und Fehlbelastungen zu vermeiden. Der Patient erhält außerdem die Möglichkeit, wichtige Muskelgruppen unter professioneller Anleitung zu stärken und so den dauerhaften Heilungserfolg zu sichern.
Die Reha sollte so schnell wie möglich beginnen, denn je eher der Patient sich wieder richtig bewegen kann, umso besser. Bereits im Krankenbett werden leichte physiotherapeutische Maßnahmen durchgeführt, gefolgt von ersten Gehversuchen mit dem Gehwagen und Unterarmstützen. Gehhilfen kommen so lange zum Einsatz, bis die Frakturen gut verheilt sind. Allerdings sollte der Patient sie auch nicht zu lange verwenden, um Fehlhaltungen zu vermeiden. Ab der achten Woche wird – ebenfalls unter Anleitung – leichtes Krafttraining absolviert.
Die Rehabilitationsmaßnahme findet je nach Ausmaß der Verletzungen ambulant oder stationär in einer Reha-Klinik statt. In jedem Fall nimmt die Maßnahme mehrere Wochen in Anspruch. Sofern die Reha als medizinisch notwendig erachtet wird, werden die Kosten von der Krankenkasse übernommen. Das ist in der Regel nach einem operativen Eingriff der Fall. Bei leichten Beckenbrüchen verordnet der Arzt hingegen meist nur eine Physiotherapie.
Die Beantragung einer Reha erfolgt durch den behandelnden Arzt oder alternativ durch den Sozialdienst des behandelnden Krankenhauses. Alternativ kann der Patient auch selbst einen Antrag auf eine Reha stellen – er benötigt jedoch in jedem Fall ein Attest des behandelnden Arztes, welches die Notwendigkeit einer Reha bescheinigt. Antragsformulare sind bei der jeweiligen Krankenkasse erhältlich.
Ein Beckenbruch stellt eine erhebliche Verletzung dar, die eine umfangreiche Therapie erfordert. Hält sich der Patient an die Verhaltensregeln des behandelnden Arztes und wird möglichst zeitnah eine geeignete Reha eingeleitet, stehen die Chancen auf eine vollständige Heilung jedoch sehr gut.