Reha für pflegende Angehörige

Zuletzt aktualisiert: 25.09.2024 | Lesedauer: ca. 20 Min.

Pflegende Angehörige sind häufig rund um die Uhr im Einsatz oder auf Abruf, um die Bedürfnisse ihrer Liebsten zu erfüllen. Dabei rücken die eigene Gesundheit und das persönliche Wohlbefinden in den Hintergrund. Erschöpfung, Schlaflosigkeit, Gefühle wie Überforderung oder Verzweiflung und Rückenschmerzen, Kopfschmerzen oder andere körperliche Symptome können die Folge sein. Um die physische und psychische Gesundheit von pflegenden Angehörigen zu unterstützen, bieten Vorsorge- und Rehakliniken speziell auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Programme an: eine Reha für pflegende Angehörige.

In diesem Artikel zeigen wir die Bedeutung und den Nutzen von stationärer Vorsorge und Rehabilitation für pflegende Angehörige sowie die Möglichkeiten zur Teilnahme an solchen Programmen auf.

Pflegende Angehörige: Rückgrat des deutschen Pflegesystems

Pflegende Angehörige spielen eine zentrale Rolle in der häuslichen Versorgung von pflegebedürftigen Menschen in Deutschland. Laut der Pflegestatistik 2021 wurden über 4 Millionen pflegebedürftige Menschen zu Hause versorgt, was etwa 5 von 6 aller Pflegebedürftigen entspricht. Über 2,5 Millionen Menschen wurden ausschließlich von ihren Angehörigen gepflegt. Weitere etwa eine Millionen wurden durch eine Kombination aus pflegenden Angehörigen und ambulanten Pflegediensten betreut. Die Pflege im häuslichen Umfeld wird dabei überwiegend von engen Familienmitgliedern übernommen. Frauen stellen dabei die Mehrheit der pflegenden Angehörigen dar, zwischen 60 und 80 Prozent.

Diese Statistiken unterstreichen die Bedeutung pflegender Angehöriger, die oft unter erheblichem persönlichem Einsatz dazu beitragen, dass ihre Liebsten in den eigenen vier Wänden verbleiben können. Ihre Arbeit bildet das Rückgrat der häuslichen Pflege in Deutschland und ist von großem Wert für die Gesellschaft.

Warum die Pflege von Familienangehörigen viele an ihre Grenzen bringt

Wer das Wort „Pflege“ hört, denkt oft zuerst an die klassische Körperpflege: waschen, anziehen, Essen zubereiten. Was bereits enorme Zeitressourcen und Energie beansprucht, ist dabei nur ein Teil der anstrengenden Pflege von Angehörigen. Tagtäglich müssen zusätzlich alle Belange eines oder sogar mehrerer Pflegebedürftiger organisiert werden. Arzttermine, Medikamente, Pflegehilfsmittel, Anträge bei der Pflegekasse – das alles kostet Kraft.

Pflegebedürftige mit Demenzerkrankungen oder anderen kognitiven Einschränkungen brauchen ständige Betreuung. Allein gelassen können sie eine Gefahr für sich und andere darstellen. Der gesamte Alltag von pflegenden Angehörigen muss um die Betreuung herum organisiert werden. Hinzu kommt, dass Pflegende fast immer Laien sind. Die vielfältigen Aufgaben sind zu Beginn neu: notwendiges Fachwissen, Techniken und Routinen fehlen. Die von den Pflegekassen angebotenen Kurse für pflegende Angehörige werden – wenn überhaupt – häufig nicht zu Beginn in Anspruch genommen, weil so viele andere Dinge zu organisieren sind.

Körperliche und seelische Beschwerden pflegender Angehöriger sind oft die Folge. Auch wenn es schwer fällt, sollte man sich daher so früh wie möglich über Unterstützungsmöglichkeiten und Ansprüche gegenüber der Pflegekasse informieren. Ein eingetretener Pflegefall bedeutet stets eine Zäsur des bisherigen Familienlebens. Die eigenen Bedürfnisse stehen jetzt hinten an und der neue Alltag wird komplett um die pflegebedürftige Person herum aufgebaut.

Die große Verantwortung für die pflegebedürftige Person kann Sorgen um die Zukunft auslösen. Auf emotionaler Ebene gilt es zu akzeptieren, dass der Mensch, den man kannte, sich drastisch verändert und abbaut. Zum Verarbeiten bleibt im stressigen Alltag jedoch kaum die Gelegenheit. Freunde und Bekannte ziehen sich zurück, weil sie häufig genauso überfordert im Umgang mit Krankheiten sind. Wenn Sie gerade selbst in dieser Situation stecken und fürchten, dass Ihnen alles zu viel wird, dürfen Sie aufatmen: Ihnen steht eine Reha für pflegende Angehörige zu.

Vorsorge oder Reha: Wer hat Anspruch auf eine Rehabilitation für pflegende Angehörige?

In der Alltagssprache wird oft synonym von „Reha für pflegende Angehörige“ gesprochen, doch rechtlich gesehen handelt es sich dabei um unterschiedliche Angebote: Vorsorgemaßnahmen (Kuren) und Rehabilitationsmaßnahmen. Diese beiden Formen unterscheiden sich in Bezug auf Zugangsvoraussetzungen, Kostenträger, Leistungen und die in Frage kommenden Kliniken. 

Vorsorgemaßahme (Kur): Für Personen, deren eigener gesundheitlicher Zustand durch die Pflege eines Angehörigen gefährdet ist. Durch die Vorsorgemaßnahme soll die Entstehung von Krankheiten verhindert werden (Prävention).

Medizinische Reha: Die pflegende Person leidet bereits an gesundheitlichen Einschränkungen, die (teilweise) im Zusammenhang mit der Pflegesituation stehen. Typische Symptome Pflegender sind Unruhe, Schlafstörungen, Erschöpfung, Aggressionen, Kopf-, Gelenk- und Rückenschmerzen bis hin zu Depressionen,  Angstzuständen und vielen weiteren körperlichen Problemen.

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Sowohl die Notwendigkeit einer stationären Vorsorgemaßnahme als auch einer stationären medizinischen Rehabilitation bedarf der ärztlichen Feststellung. Von Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin erhalten Sie ein Attest für die Maßnahme.

Eine Vorsorge- oder Rehamaßnahme für pflegende Angehörige kann auch dann in Anspruch genommen werden, wenn Sie bei der Pflege durch einen ambulanten Pflegedienst unterstützt werden. Die pflegende Person muss nicht in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zur gepflegten Person stehen. Daher spricht man nicht nur von Angehörigen, sondern auch von Zugehörigen.

Nur wer auch auf sich selbst achtet, kann die Pflege langfristig übernehmen. Deshalb gibt es Vorsorge- und Rehamaßnahmen speziell für pflegende Angehörige und ihre Pflegebedürftigen.

Welche Gesetzesgrundlage regelt das Recht zur Reha pflegender Angehöriger?

Stationäre Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahmen werden nach §§ 23 (Vorsorge) und 40 SGB V (Reha) durch die Gesetzliche Krankenkasse der pflegenden Person finanziert. Sofern aber eine erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit (von berufstätigen Pflegenden) vorliegt, ist die Deutsche Rentenversicherung im Rahmen ihrer medizinischen Rehabilitation nach §§ 9, 15 SGB VI für die Kostenübernahme vorrangig zuständig. Die Deutsche Rentenversicherung übernimmt keine Vorsorge (Kur).

Schließlich bedeuten erbrachte Pflegeleistungen durch Familienangehörige eine große Entlastung in der Pflege allgemein. Wer sich so einbringt, hat bei entsprechender medizinischer Diagnose Anspruch auf eine stationäre Vorsorge oder Reha für pflegende Angehörige.

Ein Patient bekommt emotionalen Beistand, symbolisiert durch die Berührung der zusammengefalteten Hände durch eine andere Person.
Mit steigendem Pflegegrad steigt auch der Pflegeaufwand und somit auch die Verantwortung, Aufgabenlast und Druck für die Angehörigen. Um Entlastung zu schaffen gibt es Rehabilitationsmaßnahmen.

Voraussetzungen einer Reha für pflegende Angehörige

  • Die Pflegebedürftigkeit der oder des zu Pflegenden sollte vom Medizinischen Dienst durch die Festlegung des Pflegegrades bescheinigt worden sein. 
  • Die Pflegebedürftigkeit sollte voraussichtlich für mindestens 6 Monate oder bereits seit mindestens 6 Monaten bestehen. 
  • Die pflegende Person sollte im Pflegegutachten eingetragen sein. Ist das nicht der Fall, können Sie sich an die Pflegekasse der pflegebedürftigen Person wenden und den Schritt nachholen.

Wie oft kann eine Reha für pflegende Angehörige in Anspruch genommen werden?

Grundsätzlich haben Pflegende alle vier Jahre die Möglichkeit, eine Reha für pflegende Angehörige zu beantragen. Wenn sich der Gesundheitszustand der zu pflegenden Person aber deutlich verschlechtert hat oder neue behandlungsbedürftige Diagnosen hinzugekommen sind, kann auch früher eine erneute Maßnahme möglich sein. Verschlechterungen am Zustand von Pflegebedürftigen können zur Begründung der gestiegenen Belastungen ebenfalls herangezogen werden. Vorsorge- und Rehamaßnahmen können in diesen Fällen auch in einem kürzeren Abstand genehmigt werden. Das liegt im Ermessen des Kostenträgers bzw. des Medizinischen Dienstes.

Wird eine Reha für pflegende Angehörige auch genehmigt, wenn die pflegebedürftige Person verstorben ist?

Ja, in einigen Fällen kann eine Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme für Pflegepersonen auch nach dem Tod der pflegebedürftigen Person genehmigt werden. Schließlich ist die „Eintrittskarte“ für eine medizinische Maßnahme immer die Diagnose von gesundheitlichen Problemen. Nach dem Tod der pflegebedürftigen Person können pflegende Angehörige weiterhin unter physischen und psychischen Belastungen leiden, die während der Pflegezeit entstanden sind. In solchen Fällen kann eine Rehabilitationsmaßnahme dazu beitragen, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Pflegeperson zu unterstützen und mögliche Folgen der Pflege zu bewältigen. Alternativ kann eine stationäre Vorsorge oder Rehabilitation zur Trauerbewältigung sinnvoll sein.

Die genaue Möglichkeit einer Vorsorge- bzw. Rehabilitationsmaßnahme nach dem Tod der pflegebedürftigen Person hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab. Ihre Hausarztpraxis, Krankenversicherung oder die Deutsche Rentenversicherung kann Ihnen bei Fragen hierzu weiterhelfen.

Beantragung einer Reha für pflegende Angehörige

Ihr erster Ansprechpartner für eine Vorsorgemaßnahme oder Reha ist die Hausarztpraxis. Pflegende Angehörige leisten oft unheimlich viel – das ist weder selbstverständlich noch klein zu reden. Ihr Arzt oder Ihre Ärztin stellen die Notwendigkeit der Vorsorge oder Reha fest. Im Gespräch mit Ihrer Hausärzt:in sollten sie daher: 

  • Ihre gesundheitlichen Probleme einschließlich psychischer Beschwerden deutlich ansprechen.
  • Erklären, wie sich Ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen negativ auf den Alltag inklusive der Pflege auswirken.
  • Ihre Ängste hinsichtlich der Zukunft beschreiben.

Aus diesen Informationen erstellt Ihre Hausärzt:in eine umfassende Begründung für die Erforderlichkeit der Maßnahme und entscheidet, ob eine stationäre Vorsorge oder Rehabilitation für Sie das Richtige ist. Am besten erarbeiten Sie außerdem gemeinsam ein Konzept über die Ziele Ihrer Reha. Wenn Sie schon eine Wunschklinik haben, können Sie diese nach dem Wunsch- und Wahlrecht auf den Formularen vermerken lassen. Da manche Kliniken Wartezeiten haben, empfiehlt es sich, frühzeitig einen Antrag für die Vorsorge oder Reha zu stellen. Sie dürfen sich diese Auszeit ohne schlechtes Gewissen nehmen. Die Formulare zur Beantragung liegen meist in der Praxis vor.

Vorsorgemaßnahme (Kur): Formular 64 (Krankenkassen)

  • Das Formular sieht leider noch kein Feld für die Beantragung einer Vorsorgemaßnahme für pflegende Angehörige vor. Die Ärzt:innen streichen daher im Formularkopf handschriftlich „Mütter oder Väter gemäß § 24 SGB V“ durch und ergänzen „Pflegende Angehörige § 23 SGB V“. Einige Krankenkassen stellen eigene Formulare bereit.
  • Falls Sie eine bestimmte Einrichtung aufsuchen möchten, kann diese bereits im Formular unter „VI. Sonstige Angaben“ vermerkt werden.

Reha:

Formular 61 (Krankenkassen)

  • Im Formular werden die Ärzt:innen unter „IV. Zuweisungsempfehlung“ das Kreuz bei „C. pflegende/r Angehörige/r“ setzen.
  • Falls die Mitnahme einer zu pflegenden Person in die Kliniken gewünscht ist, wird zusätzlich unter „VII. Sonstige Angaben“ das Kreuz bei „Mitaufnahme der/des Pflegebedürftigen in derselben Einrichtung gewünscht“ gesetzt.
  • Falls Sie eine bestimmte Einrichtung aufsuchen möchten, kann diese bereits im Formular unter „VII. Sonstige Angaben“ vermerkt werden.

Formulare G0100 und S0051 (Deutsche Rentenversicherung)

Weitere Ausfüllhinweise stellt der Pflegewegweiser NRW bereit. Das ausgefüllte Antragsformular reichen Sie bei Ihrer Krankenkasse bzw. der Deutschen Rentenversicherung ein. Die Mitarbeiter:innen helfen Ihnen bei Bedarf ebenfalls beim Ausfüllen des Reha-Antrags. Besitzen Sie medizinische Befundberichte, fügen Sie diese dem Antrag bei. Ist die Krankenkasse nicht für Ihren Antrag zuständig, reicht sie diesen an die Rentenversicherung weiter.

Was passiert, wenn der Reha-Antrag genehmigt wurde?

Bei Genehmigung Ihrer Vorsorge oder Reha erhalten Sie vom zuständigen Leistungsträger den Genehmigungsbescheid. Eventuell wird Ihr Antrag allerdings zunächst abgelehnt. Legen Sie dann umgehend innerhalb einer Frist von einem Monat Widerspruch ein und begründen Sie diesen, gerne auch mit Unterstützung Ihrer Hausärzt:in.

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Kleiner Tipp: Fragen Sie auch das Gutachten des Medizinischen Dienstes zu Ihrer Ablehnung an. Das Gutachten hilft Ihnen, den Widerspruch besser zu begründen.

Denken Sie stets daran: Als Pflegeperson von Angehörigen haben Sie bei entsprechender Indikation einen Rechtsanspruch auf eine stationäre Vorsorge oder Rehabilitation. Durch gut begründete Widersprüche können abgelehnte Anträge letztendlich doch bewilligt werden. Falls nicht, besteht als letzte Möglichkeit eine Klage über das Sozialgericht.

Wie sieht es für privatversicherte pflegende Angehörige aus?

Informieren Sie sich bei Ihrer privaten Krankenkasse, ob stationäre Vorsorge bzw. Rehabilitationsmaßnahmen von Ihrem Versicherungsvertrag abgedeckt werden. Je nach Vertrag übernehmen private Krankenversicherungen die Kosten vollständig, anteilig oder gar nicht. Für Beamte und Beamtinnen bezuschusst die Beihilfe die Kosten einer Rehabilitationsmaßnahme. Diese muss vorher von der Festsetzungsstelle genehmigt werden.

Wie läuft eine Rehabilitation für pflegende Angehörige ab?

Eine Vorsorgemaßnahme oder Reha für pflegende Angehörige dauert in der Regel drei Wochen. Stellt sich während des Aufenthaltes heraus, dass drei Wochen nicht ausreichen, beantragt die behandelnde Ärzt:in für Sie eine Verlängerung.

Ihre Ärzt:in analysiert Ihre Gesundheitsbeschwerden und definiert mit Ihnen die persönlichen Ziele für einen Therapieerfolg. Ihr individueller Therapieplan wird auf Ihre Bedürfnisse abgestimmt. 

  • Für viele Pflegende ist bereits der Aufenthalt in der Klinik eine Wohltat, weil alltägliche Aufgaben wie kochen und putzen wegfallen. Sie erhalten Therapien aus den Bereichen Bewegung und Entspannung, um sowohl körperlich als auch seelisch Ihr Gleichgewicht wiederzuerlangen.
  • Maßnahmen mit der Spezialisierung „pflegende Angehörige“ zeichnen sich durch einige besondere Angebote aus: Pflegekurse und Vermittlung rückenschonender Hebetechniken.
  • Informationsveranstaltungen zu Krankheitsbildern, z. B. Demenz , werden ebenfalls angeboten.​​
  • Es gibt Beratungen zu Hilfsmitteln und Ansprüchen gegenüber der Pflegeversicherung,
  • Gesprächskreise für pflegende Angehörige und
  • psychologische und ärztliche Gespräche.

Sie lernen, dass Sie sich ohne schlechtes Gewissen persönliche Freiräume gönnen dürfen und sollten. Hilfreich ist auch der Austausch mit anderen pflegenden Angehörigen in der Reha. Besondere Themen wie Wut und Aggressionen in der Pflege, Schuld- und Ekelgefühle oder Trauer und Verlust werden Gleichbetroffene kennen. Häufig bestehen solche Kontakte über das Ende der Reha hinaus und bieten zusätzlichen Halt und gegenseitiges Verständnis.

Versorgung der pflegebedürftigen Person während der Reha

Grundsätzlich gibt es die Möglichkeit, dass die Pflegeperson allein in eine Klinik fährt, während die pflegebedürftige Person anderweitig betreut wird. Hierfür kommen andere Familienmitglieder, ambulante Dienste oder eine Kurzzeitpflegeeinrichtung in Frage. In einigen Kliniken können Pflegebedürftige ebenfalls untergebracht und versorgt werden. Außerdem gibt es Einrichtungen, die eine Kooperation mit nahegelegenen Senioreneinrichtungen für die Kurzzeitpflege führen.

Pflegen mehrere Personen einer Familie Angehörige, gibt es die Möglichkeit, dass sie gemeinsam eine Vorsorge oder Reha in Anspruch nehmen, sofern Ihnen jeweils ein eigenes Attest ausgestellt wird.

Gehen Sie in sich und überlegen Sie, welche Form der Vorsorge oder Reha Ihnen gut tut. Sich auch mal einige Wochen Abstand von einer geliebten Person zu wünschen, ist ganz normal. Wenn Sie sich mit dem Gedanken an eine dreiwöchige Trennung unwohl fühlen, ist eine gemeinsame Maßnahme die richtige Wahl.

Betreuung durch andere Angehörige, Kurzzeitpflege oder Verhinderungspflege

Das Gesetz sieht viele Möglichkeiten vor, wie Pflegebedürftige, die normalerweise von Angehörigen gepflegt werden, für deren Erholungszeit vorübergehend zum Beispiel stationär (Kurzzeitpflege) gepflegt werden. Es besteht auch die Möglichkeit, in der Zeit über die Verhinderungspflege einen ambulanten Pflegedienst zu beauftragen, der sich um den Angehörigen kümmert, so dass dieser im gewohnten Umfeld bleiben kann. Die Übernahme der Kosten muss bei der Pflegeversicherung des zu Pflegenden beantragt werden. Lassen Sie sich von organisatorischen Hürden nicht von Ihrer Maßnahme abbringen. Es ist wichtig, dass Sie langfristig gesund bleiben und in der Lage sind, sich um Ihren Angehörigen zu kümmern.

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Seit dem 1. Juli 2024 profitieren pflegende Angehörige von einer gesetzlichen Neuerung: Unabhängig von dem Jahresbudget für Kurzzeit-, Verhinderungs- oder Tagespflege steht Pflegebedürftigen ab dem 1. Juli 2024 die Übernahme der Unterbringungs- und Pflegekosten während einer stationären Vorsorge oder Rehabilitation der Pflegeperson zu (§ 42a SGB XI). Bei der Pflegekasse wird dafür ein neues Budget geschaffen.

Gemeinsam in der Reha- oder Kurklinik

Es gibt auch Kliniken, die darauf spezialisiert sind, neben der Pflegeperson auch die zu pflegenden Angehörigen mit aufzunehmen. Entweder können Pflegebedürftige in einer separaten Station versorgt werden oder es wird ein Aufenthalt im gemeinsamen Zimmer ermöglicht. Einzelne Kliniken bieten auch Tandem-Zimmer mit zwei Schlafzimmern und gemeinsamem Bad an. Die Angebote sind hier vielfältig. Kontaktieren Sie Ihre Wunschklinik, um zu erfahren, welche Versorgungsmöglichkeiten es gibt.

DAS REHAPORTAL hat zusammen mit Expert:innen eine Checkliste erstellt, die wichtige Kriterien für eine Reha oder Kur für pflegende Angehörige enthält. Kliniken, die diese Anforderungen erfüllen, bekommen das Siegel "Anerkannte Vorsorge-/Rehaklinik für pflegende Angehörige" und sind auf der Seite "Reha- und Vorsorgekliniken für pflegende Angehörige " aufgeführt. Es gibt auch andere Rehakliniken, in denen pflegende Angehörige eine Reha in Anspruch nehmen können. In diesen Kliniken liegt der Schwerpunkt jedoch meist auf der Behandlung einer Erkrankung, während die speziellen Herausforderungen durch die Pflegesituation oft weniger im Fokus stehen.

Erfahrungsbericht aus dem Gesundheitszentrum Altastenberg

Auszeit und Therapie für pflegende Paare: In der Beziehung von Ehepaar Schulte spielt das Thema Pflege tagtäglich eine dominierende Rolle. Ständig müssen Sie ihren Alltag rund um vier pflegebedürftige Menschen planen, für die sie gemeinsam verantwortlich sind. Die Mutter von Herrn Schulte benötigt mit ihren 83 Jahren häufig Unterstützung. Dasselbe gilt für die Eltern von Frau Schulte. Zusätzlich hatte ihre Schwester mit 50 Jahren einen Schlaganfall.

Im Gesundheitszentrum Altastenberg nahe Winterberg dürfen pflegende Angehörige sich ausnahmsweise mal nur um sich selbst kümmern, statt ständig für jemanden mit Pflegebedarf da zu sein. Bei einer dreiwöchigen stationären Vorsorgemaßnahme wird die Gesundheit sowohl körperlich als auch seelisch gestärkt. Der individuelle Therapieplan bietet Zeiten für Entspannung, Bewegung, psychologische sowie ärztliche Gespräche und Beratung zu Pflegethemen. So hat es auch Familie Schulte erlebt. Im Gesundheitszentrum Altastenberg hatte das Paar zum ersten Mal seit Langem Zeit für sich. Einzeln wollten sie nicht in die Klinik fahren, da sonst einer zu Hause die doppelte Pflegearbeit gehabt hätte. Das sauerländische Mittelgebirgsklima wirkte sich positiv auf die Long-COVID Erkrankung von Herrn Schulte aus. Frau Schulte schwärmt von der Fußreflexzonenmassage, die bei der Linderung ihrer Nervenerkrankung in den Beinen geholfen hat. Die beiden wollen gerne wieder nach Altastenberg kommen, wenn ihnen ihre Krankenkasse noch einmal eine gleichzeitige Vorsorgemaßnahme bewilligt. 

Pflegealltag nach der Reha: Bleiben Sie achtsam und organisiert

Setzen Sie die in der Reha erarbeiteten Maßnahmen ab sofort um, die Sie bei der Bewältigung der tagtäglichen pflegerischen Aufgaben unterstützen. Verlieren Sie Ihre Ziele nicht aus den Augen. Nutzen Sie Gegenstände oder Termine im Kalender, um sich selbst an das zu erinnern, was Sie für sich umsetzen wollen.

Sie leisten wahrlich genug und dürfen auch an sich denken. Versuchen Sie, Unterstützung anzunehmen und diese bewusst einzufordern. Wenn Sie durch die Pflege selbst erkranken, ist dadurch niemandem geholfen.

Fazit

Pflegende Angehörige haben eine herausfordernde Aufgabe: körperlich und seelisch. Ihre eigenen Bedürfnisse stellen sie oft zurück. Bevor es zu körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen bis hin zum Burn-out kommt, nehmen Sie sich regelmäßige Auszeiten vor Ort oder auch Urlaube. Sollten diese pflegefreien Pausen nicht ausreichen, nutzen Sie eine Vorsorge oder Reha für pflegende Angehörige und stabilisieren Sie Ihre gesundheitliche Verfassung. Hier lernen Sie, wie Pflegende ihren Alltag erleichtern, welche Hilfe Ihnen zusteht, wie Sie sich entspannen können und die eigenen Bedürfnisse nicht aus den Augen verlieren.

Häufige Fragen zur Reha für pflegende Angehörige

Wer bezahlt die Reha für pflegende Angehörige?

Die Reha für pflegende Angehörige zahlt entweder die Krankenkasse der Pflegeperson oder die Deutsche Rentenversicherung.
Der gesetzliche Eigenanteil beläuft sich bei den Gesetzlichen Krankenkassen auf 10 Euro pro Tag, sofern keine Befreiungstatbestände vorliegen. Die Zuzahlung bei Maßnahmen durch die Deutschen Rentenversicherung ist nach Einkommenssituation gestaffelt (höchstens 10 Euro pro Tag). Eine Befreiung ist nach entsprechendem Antrag ebenfalls möglich.
Für die Kosten, die in der Zeit für die pflegebedürftige Person entstehen, ist dessen Pflegeversicherung der richtige Ansprechpartner (§ 42a SGB XI).

Kann ich als pflegende Angehörige eine Kur beantragen?

Ja, Sie können als pflegende Angehörige eine Kur beantragen. Rechtlich heißt die „Kur“ stationäre Vorsorge. Leiden Sie bereits unter gesundheitlichen Einschränkungen aufgrund der Pflegesituation, kann auch eine Reha in Frage kommen. Sprechen Sie am besten mit Ihrer Hausärzt:in über die Voraussetzungen. 

Welche Rehakliniken gibt es für pflegende Angehörige?

Es gibt spezialisierte Vorsorge- und Rehakliniken, die sich auf die Gesundheitsförderung und Rehabilitation von pflegenden Angehörigen konzentrieren. Diese Einrichtungen bieten oft Programme und Unterstützung speziell für Pflegepersonen an, um die physische und psychische Gesundheit zu stärken und den Umgang mit Belastungen zu verbessern.

Welches Formular für die Reha für pflegende Angehörige?

Die Formulare zur Beantragung einer Vorsorge- oder Rehamaßnahme für pflegende Angehörige liegen den Arztpraxen vor. Sie müssen das Formular nicht selbst mitbringen. Ihr ausgefülltes Formular schicken Sie zu Ihrer Krankenkasse. Wenn die Deutsche Rentenversicherung Ihr zuständiger Kostenträger ist, finden Sie das Formular für den Reha-Antrag auf der Webseite der Deutschen Rentenversicherung.

Quellen:

Foto von Johanna Barbosa
M.A. Gerontologie

Referentin

AW Kur und Erholungs GmbH, Tochtergesellschaft der AWO Bezirk Westliches Westfalen e.V.