Referentin
AW Kur und Erholungs GmbH,
Tochtergesellschaft der AWO Bezirk Westliches Westfalen e.V.
Familien in Deutschland stehen vor vielfältigen Herausforderungen, die sich aus, familiären Verpflichtungen, gesundheitlichen Belastungen und beruflichen Anforderungen ergeben. Eine Familienkur bietet die Möglichkeit, sich gemeinsam als Familie zu erholen, Stress zu bewältigen und gesundheitliche Probleme zu lindern. Sie richtet sich an Familien, deren Mitglieder gesundheitlich beeinträchtigt sind oder sich in belastenden Lebenssituationen befinden. Die Kur bzw. Vorsorgemaßnahme hilft, familiäre Bindungen zu stärken und Krankheit vorzubeugen. Unser Ratgeberartikel zeigt Ihnen, wie Sie eine Familienkur beantragen, was Sie dabei beachten sollten und was Familien in den Vorsorgekliniken erwartet.
Familie bedeutet, dass Menschen dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen - und das in vielfältigen Formen: in Paarfamilien, verheiratet oder nicht, in Patchwork- und Stieffamilien, in LGBTQ+ Familien oder bei Alleinerziehenden und getrennt lebenden Eltern. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in den unterschiedlichen Bedürfnissen, Erwartungen und Herausforderungen wider, die Familien in ihrem Alltag bewältigen müssen. Im Jahr 2023 gab es in Deutschland 8,5 Millionen Familien mit minderjährigen Kindern, von denen 69 Prozent verheiratet waren. In Ostdeutschland lag der Anteil der verheirateten Eltern bei 54 Prozent, in Westdeutschland bei fast drei Vierteln (71 Prozent). Bei der Geburt ihres ersten Kindes waren die Mütter im Durchschnitt 30,3 Jahre alt, die Väter 33,2 Jahre. Die Geburtenrate lag bei 1,35 Kindern je Frau. In den meisten Familien sind heute beide Elternteile erwerbstätig, was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu einer Herausforderung macht. So lag 2023 die Erwerbsbeteiligung von Eltern mit einem Kind bei 66,1 Prozent und bei Eltern mit zwei Kindern bei 68,9 Prozent. Die Rolle der Väter hat sich in den letzten Jahren stark verändert – eine aktive Beteilung an der Kinderbetreuung und der Organisation der Familie wird gesellschaftlich auch von ihnen verlangt. Im Jahr 2022 lebten 7,4 Prozent der Familien in Deutschland unter erheblichen materiellen und sozialen Entbehrungen, was mit großen Herausforderungen für den Familienalltag und die Familienbeziehungen verbunden ist.
Eine Familienkur ist eine Präventionsmaßnahme zur Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens der gesamten Familie. Im Gegensatz zu einer Rehabilitationsmaßnahme, die in der Regel der Behandlung einer bestehenden Erkrankung dient, steht bei einer Familienkur oder Vorsorgemaßnahme die Stärkung der physischen und psychischen Gesundheit der Familienmitglieder im Vordergrund.
Während einer Familienkur hat die ganze Familie die Möglichkeit, neue Kraft zu schöpfen und neue Perspektiven für den Alltag zu gewinnen. Es wird Raum und Zeit geschaffen für jedes einzelne Familienmitglied, für das Paar, die Eltern und die Familie als Ganzes. Gemeinsam kann an Herausforderungen gearbeitet werden, die die ganze Familie betreffen, wie z. B:
Eltern und Kinder werden von alltäglichen Verpflichtungen entlastet. Das ist die beste Gelegenheit, durchzuatmen und neue Ziele ins Auge zu fassen. Gemeinsam können neue Möglichkeiten für die individuelle Bewältigung von Belastungen sowie die gegenseitige Unterstützung in der Familie gefunden werden.
Die Familienkur wird indirekt durch das Sozialgesetzbuch (SGB V) § 24, der sich mit Vorsorgemaßnahmen befasst, abgedeckt. Indirekt deshalb, weil das Gesetz nur eine Vorsorgemaßnahme eines Elternteils mit begleitendem Kind bzw. begleitenden Kindern vorsieht. Eine gemeinsame Familienkur ist möglich, wenn beide Elternteile jeweils eine Vorsorgemaßnahme beantragen und diese gleichzeitig stattfindet.
In einigen Kliniken ist es möglich, eine Familienrehabilitation durchzuführen. Rechtsgrundlage ist § 41 SGB V.
Vorsorgeleistungen für Mütter und Väter sind Pflichtleistungen der Krankenkassen. Eine Familienkur ist im Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht ausdrücklich vorgesehen, kann aber unter bestimmten Voraussetzungen bewilligt werden. Anspruch auf eine Familienkur haben Familien, in denen beide Elternteile und ggf. auch Kinderunter gesundheitlichen Beeinträchtigungen leiden, die im Zusammenhang mit der Familiensituation stehen. Ein Anspruch besteht, wenn:
Als Kinder gelten: leibliche Kinder, Stiefkinder, Adoptivkinder, Pflegekinder, Enkelkinder (wenn sie überwiegend von den Großeltern erzogen werden), Kinder in Patchworkfamilien, wenn sie von der versicherten Person betreut und erzogen werden.
Die Kosten für eine Familienkur werden von der Krankenkasse übernommen, allerdings kann eine Zuzahlung erforderlich sein. Für gesetzlich Versicherte besteht die Möglichkeit, sich von der Zuzahlung befreien zu lassen. Privatversicherte sollten sich direkt bei ihrer Krankenkasse erkundigen, ob und in welchem Umfang die Kosten übernommen werden. Die Zuzahlung beträgt in der Regel 220 € pro Erwachsenem und Maßnahme, Kinder sind von der Zuzahlung befreit. Die genauen Kosten sollten im Vorfeld geklärt werden. Familien können die Kur auch als Selbstzahler buchen, wenn keine Kostenerstattung durch die Krankenkasse möglich ist.
Um eine Familienkur zu beantragen, müssen Sie verschiedene Schritte durchlaufen, um sicherzustellen, dass alle Voraussetzungen zur Bewilligung und Durchführung einer Vorsorgemaßnahme erfüllt sind.
Es gibt eine Vielzahl von Kliniken für Familienkuren in verschiedenen Regionen Deutschlands. Die Wahl des Ortes kann von persönlichen Vorlieben und gesundheitlichen Bedürfnissen abhängen. Patient:innen haben bei der Auswahl einer Klinik das Wunsch- und Wahlrecht, sofern die Klinik für die Behandlung Ihrer gesundheitlichen Einschränkungen geeignet ist.
Eine typische Familienkur dauert etwa drei Wochen und bietet ein umfassendes Programm, das individuell auf die Bedürfnisse der Familie abgestimmt ist. Das therapeutische Angebot umfasst
Während einer Familienkur werden auch die Kinder professionell und fachgerecht betreut. In vielen Vorsorgekliniken gibt es spezielle Kinderprogramme, die auf die Bedürfnisse der jungen Patient:innen abgestimmt sind. Dazu gehören pädagogische Angebote, Bewegungstherapien und naturorientierte Aktivitäten.
Es ist wichtig, die Familienkur von anderen Maßnahmen zu unterscheiden:
Nach der Familienkur ist es wichtig, die gewonnenen Erkenntnisse und Verhaltensweisen in den Alltag zu integrieren. Viele Kurkliniken bieten Nachsorgeprogramme an, die helfen, die positiven Effekte der Kur langfristig zu erhalten. Es ist wichtig, im Alltag achtsam zu bleiben und gesunde Routinen zu etablieren. Überlegen Sie sich am besten schon vor der Vorsorgemaßnahme, welche Gewohnheiten Sie verändern möchten.
Eine Familienkur bietet Familien die Möglichkeit, gemeinsam an ihrer Gesundheit zu arbeiten und sich vom stressigen Alltag zu erholen. Durch die gezielte Betreuung und die ganzheitlichen therapeutischen Angebote können gesundheitliche Beschwerden gelindert und die innerfamiliären Beziehungen werden. Wenn Sie sich fragen, wie Sie eine Familienkur beantragen können oder welche Vorsorgekliniken für Sie in Frage kommen, sollten Sie sich frühzeitig informieren und die notwendigen Schritte einleiten.
In der Regel dauert eine Familienkur drei Wochen.
Die Kosten für eine Familienkur werden bei gesetzlich krankenversicherten Eltern von der Krankenkasse übernommen.
Eine Familienkur kann frühestens nach vier Jahren erneut beantragt werden, es sei denn, es liegen medizinische Gründe für eine frühere Maßnahme vor.
Nein, berufstätige Eltern müssen sich für eine Familienkur in der Regel nicht freistellen lassen. Die Familienkur ist als medizinische Maßnahme anerkannt, so dass der Arbeitgeber in der Regel verpflichtet ist, die Eltern für die Dauer der Kur freizustellen. Die Eltern erhalten finanzielle Leistungen wie bei einer Krankschreibung. Es empfiehlt sich jedoch, den Arbeitgeber rechtzeitig über die bevorstehende Abwesenheit zu informieren und die Kurbescheinigung vorzulegen.