Aortenklappenstenose

Zuletzt aktualisiert: 29.05.2024 | Lesedauer: ca. 9 Min.

Die Aortenklappenstenose ist eine Herzerkrankung, durch die der Durchgang vom Herzen zur Aorta verengt ist. Es handelt sich dabei um den mit am häufigsten auftretenden Klappenfehler im Herzen. Je nach Ursache werden mehrere Formen unterschieden. Am häufigsten tritt die nichtrheumatische Aortenklappenkrankheit auf, die mit ICD-Code I35 klassifiziert ist.

Wo befindet sich die Aortenklappe und was passiert bei einer Aortenklappenstenose?

Das Herz besteht aus vier Hohlräumen: dem linken und rechten Vorhof und der linken und rechten Kammer. Die Herzklappen sind Ventile, die dafür sorgen, dass das Blut in die richtige Richtung fließt. Insgesamt sind vier Klappen vorhanden. Zwei Segelklappen regulieren den Blutfluss jeweils zwischen Vorhof und Kammer. Zwei Taschenklappen sitzen an den Ausstrombahnen zu den großen Arterien.

Die Pulmonalklappe regelt den Fluss zur Lungenarterie und die Aortenklappe den Blutstrom zur Aorta (Hauptschlagader) und somit zum großen Körperkreislauf.

Die Aortenklappe öffnet sich, damit das mit Sauerstoff angereicherte Blut vom Herzen in den Kreislauf gelangen kann und schließt sich danach, um den Rückfluss des Blutes ins Herz zu verhindern.

Bei einer Aortenklappenstenose (Verengung, griechisch = sténosis) öffnet sich die Aortenklappe nicht weit genug. Das Herz kann nicht soviel Blut wie nötig aus der linken Herzkammer in den Blutkreislauf pumpen und benötigt insgesamt mehr Kraft, um das Blut durch die verengte Klappe zu pressen.

Bild eines halb aufgeschnittenen menschlichen Herzens, das die Herzkammern und -klappen offenbart
Die Anatomie des Herzens mit Blick auf die Herzkammern und -klappen, die eine normale Funktion ermöglichen.

Wie kann eine Aortenklappenstenose entstehen?

Stenose ist der medizinische Fachbegriff für Verengung. Man unterscheidet zwischen erworbener und angeborener Klappenstenose. Letztere kommt relativ selten vor und zeigt bereits in jungen Jahren Symptome.

Am häufigsten tritt die erworbene Form auf. Sie kann sich als Folge von rheumatischem Fieber bilden. In den meisten Fällen jedoch entsteht sie im höheren Lebensalter durch Verschleiß und Kalkablagerungen an der Aortenklappe. Dadurch verhärtet sich die Klappe und verliert an Beweglichkeit.

Ursachen für eine Aortenklappenstenose

Die häufigste Ursache für die erworbene nichtrheumatische Aortenklappenstenose ist eine Degeneration der Klappe im höheren Lebensalter. Dieser Prozess ähnelt der Arteriosklerose und es liegen ähnliche Risikofaktoren zugrunde wie z. B. erhöhter Blutdruck und Bluttfettwerte, Übergewicht und Bewegungsmangel.

Diese umgangssprachlich als ‚Verkalkung der Gefäße‘ bezeichnete Krankheit entwickelt sich durch Ablagerungen von Cholesterin, Kalk und Kollagen im Gewebe. Ist auch die Aortenklappe davon betroffen, wird sie dicker und härter, ihre Beweglichkeit lässt nach und der Durchgang vom Herzen zur Aorta verengt sich. Die Folge ist ein reduzierter Strom von sauerstoffreichem Blut in den Körper.

Welche Beschwerden verursacht die Aortenklappenstenose?

Sauerstoffmangel

Durch die Verkleinerung des Durchgangs zur Aorta gelangt nicht mehr ausreichend sauerstoffhaltiges Blut in den Körper. Dadurch wird die Sauerstoffzufuhr zu den Zellen und zum Gehirn eingeschränkt. Diese Sauerstoff-Unterversorgung kann zu Schwindel und plötzlichen Ohnmachtsanfällen (Synkopen) führen. Bei körperlicher Anstrengung, wie beispielsweise beim Sport oder beim Treppensteigen, macht sich eine deutlich verminderte Leistungsfähigkeit bemerkbar.

Herzschwäche und Rhythmusstörungen

Da sich das Herz permanent mehr anstrengen muss, um das Blut durch den verengten Ausgang zu pumpen, erhöht sich der Druck im Herzen.

Um die Mehrarbeit dauerhaft leisten zu können, reagiert der Herzmuskel wie jeder Muskel, der trainiert wird: Er vergrößert sich. Ein größerer Muskel jedoch benötigt auch mehr Sauerstoff. Wenn dieser Mehrbedarf nicht gedeckt wird, kann das zu Schmerzen und einem Engegefühl in der Brust führen (Angina pectoris).

Dauern die Druckerhöhung im Herzen und die Unterversorgung des Herzmuskels mit Sauerstoff über einen längeren Zeitraum an, kann es im weiteren Verlauf zu Herzschwäche (Herzinsuffizienz) oder zu Herzrhythmusstörungen kommen. Weiterhin können Atemnot und Abnahme der Leistungsfähigkeit zunehmen. Wenn das Blut nicht mehr ausreichend abfließt, besteht die Gefahr, dass es sich bis in die Lungen staut und dort ein Lungenödem verursacht.

Bildvergleich mit Bildern: Eine gesunde Herzklappe und eine mit Aortenklappenstenose. Es wird die Verengung des Querschnitts des Gefäßes infolge der Erkrankung visualisiert.
Ein Vergleich zwischen gesunder und kranker Herzklappenfunktionen und Veranschaulichung der Einengung der Aortenklappe.

Wie kann eine Aortenklappenstenose festgestellt werden?

Körperliche Untersuchung

Bei Verdacht auf eine Aortenklappenstenose sind die ersten Maßnahmen auf dem Weg zur Diagnose die Messung des Blutdrucks und die allgemeine körperliche Untersuchung. Mit dem Stethoskop überprüft der Arzt bzw. die Ärztin, ob während der Ausströmphase ein Geräusch hörbar ist. Dies wäre ein weiterer Hinweis auf eine bestehende Verengung der Klappe.

Apparative Diagnostik

Zur Absicherung der Diagnose werden verschiedene apparative Untersuchungen durchgeführt:

  • Röntgen: Eine bestehende Vergrößerung der linken Herzkammer, eine Verkalkung der Aortenklappe sowie ein Rückstau des Blutes in den Lungen lassen sich auf einem Röntgenbild des Thorax gut erkennen.
  • Elektrokardiografie (EKG): Im EKG sind unter Umständen indirekte Zeichen der Aortenklappenstenose bzw. ihrer Auswirkungen auf das Herz erkennbar.
  • Echokardiografie: Die Ultraschalluntersuchung des Herzens ist die wichtigste apparative Untersuchung für due Beurteilung von Herzklappen und bringt weitere diagnostische Sicherheit. Mit dieser Methode können die Fließgeschwindigkeit des Blutes und das Ausmaß der Verengung gemessen werden.
  • Herzkatheter-Untersuchung: Bei der minimal-invasiven Untersuchung wird ein Katheter unter Röntgenkontrolle durch eine Arterie, meist von der Leiste oder dem Handgelenk ausgehend, bis zum Herzen vorgeschoben. Heutzutage stehen Diagnose und Ausmaß der Aortenklappenstenose bereits nach der Ultraschalluntersuchung des Herzens fest. Somit dient die Herzkatheteruntersuchung nur dazu, festzustellen, ob zusätzliche Engstellen an den Herzkranzgefäßen vorliegen, die eventuell mitbehandelt werden müssen.

Wie wird die Aortenklappenstenose behandelt?

Die Therapie der Erkrankung orientiert sich an der Ausprägung der Verengung.

Leichte und mittelgradige Stenose

Ist der Durchgang zur Aorta nur gering oder mittelgradig verengt und zeigen sich noch keine Beschwerden, ist keine spezielle Behandlung nötig. Der Patient / die Patientin sollte eine gesunde Lebensführung einhalten und die Risikofaktoren für die Atherosklerose minimieren.

Hochgradige Stenose

Ist die Verengung bereits stark ausgeprägt, muss operativ behandelt werden . Die verkalkte Herzklappe kann operativ (über einen Brustwandschnitt am offenen Herzen) vom Herzchirurgen entfernt und eine künstliche (biologische oder mechanische) Herzklappe eingenäht werden. Oder eine künstliche, auf einen Ballon gefaltete biologische Herzklappe wird (über einen Zugang über die Leiste) mit einem größeren Herzkatheter in die verkalkte Klappe eingeführt und durch Aufdehnen des Ballons entfaltet und fixiert (TAVI). Dadurch wird die verkalkte eigene Klappe in die Aortenwand gedrückt und muss nicht entfernt werden.

Reha nach Aortenklappenstenose

Die Aortenklappenstenose ist eine degenerative Herzklappenerkrankung, die sich über viele Jahre entwickelt. Aber sie betrifft nicht nur das Herz. Der ganze Organismus hat sich auf die resultierende Leistungseinschränkung des Herzens eingestellt. Wenn die erkrankte Aortenklappe saniert wurde, benötigt der Körper oft mehrere Monate bis er seine volle, den wieder hergestellten Möglichkeiten der Herzens angepasste, verbesserte Leistungsfähigkeit erreicht. In der Reha wird dieser Prozess trainiert und der Organismus kann unter medizinischer Überwachung und Anleitung vorsichtig lernen, sich den neuen Möglichkeiten anzunähern. Die Reha ist der Startpunkt für die Rückkehr in den Alltag. Folgende Themen gehören zu einer Rehamaßnahme:

Wissensvermittlung über die Erkrankung

Für den Patienten ist es wichtig, die Funktion des Herzens sowie die Krankheit und ihre Ursachen zu verstehen. Das nötige Wissen dazu wird in der Reha vermittelt. Gleichzeitig erhält der Patient wertvolle Informationen darüber, welche Änderungen in der Lebensführung für ihn notwendig sind und welche Maßnahmen ihn dabei unterstützen.

Medikamente

Die meisten Patient:innen benötigen auch nach der Sanierung ihrer Aortenklappenstenose weiterhin Medikamente, sei es zur Blutverdünnung, zur Behandlung einer eventuell vorliegenden Herzinsuffizienz oder von Herzrhythmusstörungen bzw. zur Einstellung von kardiovaskulären Risikofaktoren wie der Hypercholesterinämie oder des Bluthochdrucks . In der Reha ist genügend Zeit, um über die Wirkungen und unerwünschten Wirkungen der Medikamente aufzuklären und auf die Notwendigkeit künftiger Kontrollen hinzuweisen. Manche Medikamente müssen auch nur über einen begrenzten Zeitraum eingenommen werden.

Einschätzung der körperlichen Belastbarkeit

Der Patient bzw. die Patientin lernt in der Reha, die körperliche Leitungsfähigkeit einzuschätzen. Auch muss er auf gewisse Symptome achten, deren Auftreten unbedingt einen Arztbesuch erfordern. In der Reha lernt der Patient / die Patientin, Alarmsignale und die Grenzen des Körpers zu erkennen.

Training

In der Reha wird durch gezieltes Training die körperliche Belastbarkeit gesteigert. Der Patient 7 die Patient:in erfährt, wie die körperliche Leistungsfähigkeit im Alltag verbessert und erhalten werden kann.

Berufliche Zukunft

Sollte der Betroffene durch die eingeschränkte Leistungsfähigkeit seinen Beruf nicht mehr ausüben können, kann er sich während der Reha über mögliche Hilfsangebote, beispielsweise zu Umschulung oder Arbeitsplatzwechsel informieren.

Prognose

Eine unbehandelte Aortenklappenstenose kann lebensbedrohliche Folgen haben. Wird frühzeitig behandelt, bevor ein größerer Schaden am Herzen entsteht, ist die Prognose sehr gut. Die Teilnahme an einer Reha und die Durchführung regelmäßiger Kontrollen wirken sich zusätzlich positiv auf die Prognose aus.

Portrait von Prod. Dr. med. Christian Firschke.
Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie

Ärztlicher Direktor der Medical Park Klinik St. Hubertus, Bad Wiessee