Kreuzbandriss

Zuletzt aktualisiert: 19.08.2024 | Lesedauer: ca. 8 Min.

Bei einem Kreuzbandriss, auch Kreuzbandruptur genannt, handelt es sich meistens um die Folge eines Sportunfalls. Durch diesen Riss kommt es zu einer Schwächung der Stabilität des betroffenen Knies. In den meisten Fällen ist von einem Kreuzbandriss das vordere Kreuzband betroffen. In manchen Fällen kann jedoch auch das hintere Kreuzband in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Behandlung ist abhängig vom Ausmaß und der Art der Verletzung und kann sowohl konservativ als auch operativ erfolgen.

Was ist ein Kreuzbandriss?

Bei einem Kreuzbandriss handelt es sich um eine der häufigsten Knieverletzungen. Die Medizin spricht davon, wenn es zu einem teilweisen oder vollständigen Riss des vorderen oder seltener des hinteren Kreuzbandes im Kniegelenk gekommen ist. Bleibt ein Kreuzbandriss unbehandelt, kann es langfristig zu (vorzeitigen) verschleißbedingten Schäden im Knie kommen, beispielsweise zu einer Kniearthrose , die im Laufe der Zeit ggf. die Implantation einer Knieprothese  notwendig machen kann.

Aufgabe der beiden Kreuzbänder ist es, den Oberschenkelknochen und das Schienbein im Inneren des Kniegelenks miteinander zu verbinden und auf diese Weise Stabilität und Bewegung zu gewährleisten. Wenn eines oder beide Kreuzbänder reißen, wird das Knie instabil und der Gang des Betroffenen unsicher, weil sich die Knochenenden vom Schienbein und dem Oberschenkelknochen im Kniegelenk gegeneinander verschieben können.

Die Medizin unterscheidet zwischen einem vorderen und einem hinteren Kreuzbandriss, abhängig davon, welches Kreuzband von der Ruptur betroffen ist. Ein Riss des hinteren Kreuzbandes kommt dabei deutlich seltener vor als ein vorderer Kreuzbandriss.

Anatomische Darstellung eines Kniegelenks mit einem vorderen und hinteren Kreuzbandriss.

Wie wird ein Kreuzbandriss diagnostiziert?

Spezialisten für einen Kreuzbandriss sind Sportmediziner, Unfallchirurgen und Orthopäden. Als erstes wird der Arzt dem Patienten Fragen nach dem Verletzungshergang und seinem aktuellen Zustand stellen, also

  • wann und wobei die Beschwerden aufgetreten sind,
  • ob der Patient das Knie noch belasten kann,
  • eine Instabilität besteht und
  • bei welchen Bewegungen er besonders Schmerzen verspürt.

Betroffene berichten häufig von einem auffälligen Geräusch während des Unfalls, wenn das vordere Kreuzband gerissen ist. Das Reißen des hinteren Kreuzbandes hingegen wird nur selten von einem Geräusch begleitet. Dem Arzt ist es bereits anhand der Antworten des Patienten möglich, eine erste Verdachtsdiagnose zu stellen. Im Anschluss wird der Arzt das verletzte Knie untersuchen und Gangprüfungen sowie Stabilitätstests durchführen. Zudem prüft der Arzt die Sensibilität, Motorik und Durchblutung im betroffenen Bereich sowie den Bewegungsumfang des betroffenen Knies im Vergleich zur unverletzten Gegenseite.

Darüber hinaus stehen dem Mediziner bildgebende Verfahren zur Absicherung der Diagnose zur Verfügung. Auf dem Röntgenbild lässt sich ein "klassischer" Kreuzbandriss selbst jedoch nicht erkennen, nur ein knöchernen Ausriss des Bandes oder begleitende weitere knöcherne Veränderungen, z. B. ein Knochenbruch (Fraktur) sind darstellbar. Zur Darstellung des Bandes und der Kniebinnenstrukturen ist eine Magnetresonanztomographie (MRT) notwendig. Diese zeigt, ob das verletzte Kreuzband teilweise oder vollständig gerissen ist.

Was sind die Ursachen für einen Kreuzbandriss?

Sportunfälle sind die häufigsten Ursachen für einen Riss des vorderen Kreuzbandes. Bei sportlichen Aktivitäten kann es z. B. bei einer unfreiwilligen und übermäßigen Beugung und Drehung des Knies kommen, wie es etwa bei abrupten Bremsbewegungen und gleichzeitigen Drehungen im Knie der Fall ist. Das Knie kann diesen Kräften nicht mehr standhalten und das vordere Kreuzband reißt. Aber auch bei langsamen Drehbewegungen oder Überstreckungen im Gelenk kann es zu Rissen des vorderen Kreuzbandes kommen, wenn die Hebelverhältnisse entsprechend groß sind.

Ein Riss des hinteren Kreuzbandes ist in den meisten Fällen Folge von äußeren direkten Gewalteinwirkungen gegen den Schienbeinkopf. Durch ein gewaltsames Entgegenstemmen bei gebeugtem Knie kommt es zu einer Überdehnung und anschließend zum Riss des hinteren Kreuzbandes. Zu einem solchen Riss kann es auch bei starken Drehbewegungen kommen.

Darstellung der Sehnen, Bänder und Muskeln am Kniegelenk.

Wie wird ein Kreuzbandriss behandelt?

Grundsätzlich richtet sich die Art der Behandlung nach der jeweiligen Verletzung. Als Therapieoptionen stehen konservative und operative Möglichkeiten zur Verfügung.

Konservative Therapie

Im Rahmen einer konservativen Behandlung sind Ruhigstellung sowie eine Stabilisierung des Knies mithilfe einer Schiene der erste Schritt. Die Ruhigstellung kann dabei mehrere Wochen betragen.

Im Anschluss folgt eine intensive Physiotherapie. Ziel dieser Therapie ist es, die Oberschenkelmuskulatur zu kräftigen, um das Kniegelenk zu stabilisieren. Im Laufe der weiteren Wochen sollte der Patient das verletzte Knie immer mehr bewegen und belasten können.

Entscheidend für die Stabilität und Funktion des Kniegelenks nach einem Kreuzbandriss sind zum einen eine motivierte Mitarbeit des Patienten sowie zum anderen die Qualität der Physiotherapie.

Operative Therapie

Im Rahmen der operativen Therapie wird in den meisten Fällen ein Kreuzbandersatz  eingesetzt. Dieser wird aus körpereigenem Gewebe gewonnen, wie etwa Sehnenanteilen der sog. ischiocruralen Muskulatur, seltener der Patellasehne. In Sachen Reißfestigkeit und Elastizität sind diese Sehnen annähernd vergleichbar mit dem Kreuzband und liefern in der Regel einen guten Ersatz.

Wie lange dauert die Schonzeit nach einem Kreuzbandriss?

Es ist von verschiedenen Dingen abhängig, wie lange die Schonzeit nach einem Kreuzbandriss dauern sollte. Wenn beispielsweise Sportler betroffen sind, dann ist es ratsam, erst nach neun Monaten wieder in den Sport zurückzukehren. Dies ist vor allem bei Kontaktsportarten wie etwa Eishockey, Handball oder Fußball empfehlenswert. Nach einigen Wochen kann der Betroffene jedoch wieder mit leichten Sportarten wie Fahrradfahren beginnen. Das operierte Kreuzband braucht auf jeden Fall Zeit zum Heilen.

Letztlich ist es individuell verschieden, wie lange der Patient wirklich ausfällt. Unter anderem hängt es davon ab, wie gut der Patient die Operation überstanden hat und ob Komplikationen im Anschluss aufgetreten sind. Voraussetzung für die Wiederaufnahme von sportlichen Aktivitäten sind vor allem folgende Faktoren:

  • Schmerzfreiheit
  • volle Beweglichkeit und Muskelkraft
  • keine Schwellungen oder Instabilität
  • Zustimmung vom behandelnden Arzt / Operateur

Bei den ersten Trainingseinheiten nach überstandenem Kreuzbandriss kann dem Patienten das Tragen einer Knieschiene Sicherheit bringen. Dies sollte der Betroffene aber zunächst mit seinem behandelnden Arzt besprechen.

Reha nach einem Kreuzbandriss

Für den Behandlungserfolg ist eine gezielte Rehabilitation über mehrere Monate notwendig. Meist erfolgt die Reha in ambulanten Einrichtungen . Nach einer Operation oder bei einem komplizierten Kreuzbandriss kann aber auch zum Beginn der Therapie ein stationärer Aufenthalt in einer Rehaklinik sinnvoll sein.

Oberstes Gebot unmittelbar nach einer Operation sind Schonen und Kühlen des betroffenen Bereiches. Auf diese Weise wird die Schwellung rasch zurückgehen und die Schmerzen werden nachlassen. Ebenfalls im Fokus ist eine regelmäßige Streckung. Zu diesem Zweck kommt eine Motorschiene zum Einsatz, durch die das Gelenk passiv bewegt und nach Möglichkeit ganz gestreckt wird. Das Tragen einer Knieschiene wird von den meisten Orthopäden über einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen empfohlen. Durch diese ist in der Regel eine komplette Streckung möglich, jedoch wird eine Beugung des Knies über 90 Grad verhindert.

Kräftigung der Oberschenkelmuskulatur

Ein Physiotherapeut sollte die komplette Nachbehandlung begleiten. Insbesondere in den ersten Wochen ist es wichtig, Belastung, Intensität und Umfang der Reha-Übungen und Anwendungen dem Zustand des Knies anzupassen. Anfangs wird eine Kräftigung der Oberschenkelmuskulatur im Fokus stehen, denn für die Stabilisierung des Gelenks und Entlastung des Kreuzbandersatzes sind Kniestrecker und Kniebeuger sehr wichtig.

Kurze Zeit nach der Operation wird das Training über ein An- und Entspannen der Muskulatur nicht hinausgehen. Wenig später jedoch kann der Patient einfache koordinative Übungen durchführen. Zur Kräftigung der Muskulatur eignen sich zusätzlich Trainingsgeräte wie ein Fahrradergometer oder eine Beinpresse. Auch Aqua-Jogging ist für die Muskelkräftigung empfehlenswert.

Fazit

Ein Kreuzbandriss ist eine häufige Verletzung, die auf jeden Fall eine adäquate medizinische Versorgung und Behandlung benötigt. Vor allem nach einem operativen Eingriff sind Reha-Maßnahmen unumgänglich, um möglichst schnell wieder auf die Beine zu kommen. Die Ausfallzeit für Sportler beträgt nach einem Kreuzbandriss etwa bis zu neun Monaten. Eine konsequente Mitarbeit des Patienten ist bei allen Reha-Anwendungen erforderlich, um die Ausfallzeit so kurz wie möglich zu halten.

Portrait von Dr. Michael Grubwinkler
Facharzt für Orthopädie

Chefarzt Orthopädie