Unsere Gesundheit in der Cloud: Warum moderne Gesundheitsversorgung Cloud-Technologie braucht 22.04.2025

Portrait von Gina-Sophie Labahn.
Gina-Sophie Labahn (Autor:in)
M.Sc. Public Health and Administration

Wissenschaftliche Mitarbeiterin
DAS REHAPORTAL

Zuletzt aktualisiert: 23.04.2025 | Lesedauer: ca. 4 Min.

Ob beim Online-Banking, in sozialen Netzwerken oder beim Speichern von Fotos – Cloud-Technologie ist für viele Menschen längst Alltag. Im Gesundheitswesen hingegen ist ihr Potenzial noch wenig bekannt – dabei ist es enorm. Der Bericht „Unsere Gesundheit in der Cloud“, veröffentlicht von The Health Policy Partnership mit Unterstützung des European Institute for Innovation through Health Data, zeigt eindrucksvoll, wie Cloud-Technologie die Gesundheitsversorgung, Forschung und Systementwicklung transformieren kann. Die deutsche Übersetzung des Berichts ist im April 2024 erschienen und macht zentrale Erkenntnisse nun auch für den hiesigen Diskurs zugänglich.

Cloud-Lösungen bieten nicht nur eine skalierbare und sichere IT-Infrastruktur, sondern schaffen ganz neue Voraussetzungen für eine datengestützte, vernetzte und personenzentrierte Versorgung. Vier zentrale Wirkbereiche der Technologie stehen dabei im Mittelpunkt:

Effizientere und personenzentriertere Gesundheitsversorgung

Cloud-Technologie ermöglicht die sichere Zusammenführung verschiedenster Gesundheitsdaten – von elektronischen Patientenakten über Laborwerte bis hin zu Daten aus Wearables. Werden diese Daten miteinander verknüpft, können klinische Entscheidungen schneller und fundierter getroffen werden. Das verbessert die Koordination innerhalb von Behandlungsteams und erleichtert die kontinuierliche Betreuung – besonders für Menschen mit komplexen oder chronischen Erkrankungen.

Ein eindrucksvolles Beispiel ist der Einsatz cloudbasierter KI zur Schlaganfalldiagnostik: Computertomografien, deren Auswertung früher Stunden dauerte, werden heute innerhalb von Sekunden analysiert – präziser als je zuvor. So gewinnen Ärzt:innen wertvolle Zeit, die über Leben und Lebensqualität entscheiden kann.

Im Hintergrund eine Person die etwas aufschreibt. Im Vordergrund viele Icons mit Bezug zur Gesundheit.

Ein bevölkerungsbezogener Ansatz für die Gesundheit

Cloud-Technologie unterstützt nicht nur die Versorgung des Einzelnen, sondern auch die Analyse und Steuerung auf Bevölkerungsebene. Große Datenmengen aus unterschiedlichen Lebensbereichen – etwa zu Einkommen, Wohnort, ethnischer Herkunft oder Bildung – lassen sich mit Gesundheitsdaten verknüpfen, um systematisch Ungleichheiten zu identifizieren. Das ist die Grundlage für gezielte Prävention und die gerechte Verteilung von Ressourcen.

Die COVID-19-Pandemie hat die Relevanz solcher Ansätze deutlich gemacht. In nur neun Tagen konnten öffentliche Gesundheitsbehörden mithilfe cloudbasierter Analyseplattformen eine umfangreiche Datenübersicht aufbauen, die fundierte Entscheidungen in Echtzeit ermöglichte.

Forschung als Motor der Innovation

Die Cloud demokratisiert Gesundheitsforschung. Was früher nur großen Laboren und Instituten möglich war, steht heute dank cloudbasierter Rechenleistung und Analytik-Tools auch kleineren Einrichtungen offen. Genomdaten, Bildgebungsdaten und klinische Register lassen sich zentral speichern, analysieren und international teilen – selbstverständlich unter Einhaltung höchster Sicherheits- und Datenschutzstandards.

Wir haben mehr als drei Petabyte an Daten sequenziert. Zum Vergleich: Wenn Sie ein Drei-Petabyte-Video herunterladen wollten, müssten Sie 100 Jahre lang Tag und Nacht vor dem Fernseher sitzen. Ohne die Cloud gibt es keine Möglichkeit, so viele Daten zu speichern
Prof. Dr. Dr. Torsten Haferlach, Münchner Leukämielabor

Dank der Cloud kann ein einziger Datensatz mehreren Forschungsteams weltweit zur Verfügung gestellt werden. Die Ergebnisse daraus fließen schneller in die Versorgung zurück – ein echter Beschleuniger für Innovation und Patientenwohl.

Nachhaltige und widerstandsfähige Gesundheitssysteme

Die Anforderungen an Gesundheitssysteme wachsen stetig – sei es durch demografische Veränderungen, Fachkräftemangel oder knappe Budgets. Die Cloud bietet hier Chancen, Strukturen effizienter, flexibler und krisenfester zu gestalten. Prozesse lassen sich standardisieren, Datenzugänge vereinfachen, Anwendungen zentral verwalten. Gleichzeitig schafft die Cloud die Basis für lernende Systeme, die kontinuierlich aus neuen Daten Erkenntnisse ziehen.

Damit das gelingt, braucht es aber mehr als nur Technologie. Die Autor:innen des Berichts betonen: Es braucht ein gemeinsames Verständnis über Ziele, Regeln und Verantwortlichkeiten. Dazu gehören rechtssichere Rahmenbedingungen, klare Datenschutzvorgaben und gezielte Schulungen – nicht nur für IT-Abteilungen, sondern für alle Beteiligten im Gesundheitswesen.

Fazit: Die Cloud ist da – jetzt muss sie verantwortungsvoll genutzt werden

Der Bericht „Unsere Gesundheit in der Cloud“ zeigt deutlich: Die Cloud ist kein Zukunftsthema, sondern bereits Teil gelebter Realität – in Kliniken, Forschungseinrichtungen und öffentlichen Gesundheitssystemen. Ihr volles Potenzial wird sich jedoch nur entfalten, wenn alle Akteure an einem Strang ziehen: politische Entscheidungsträger, medizinisches Fachpersonal, IT-Spezialist:innen und nicht zuletzt die Patient:innen selbst.

„Transparenz ist bei der Einführung der Cloud von entscheidender Bedeutung. Die Patienten müssen einbezogen werden, nicht weil sie mehr wissen, sondern weil sie andere Dinge wissen“, betont Gözde Susuzlu Briggs vom Europäischen Patientenforum.

Es ist Zeit, das Thema Cloud nicht nur technologisch zu denken – sondern als zentrale Grundlage für eine gerechtere, innovativere und zukunftsfähige Gesundheitsversorgung.